Rankha

Musikerin Rankha: „Für manche Menschen bleibt man eben ein Monster“

Nie genug

5 Min.

© Christina Stehling

Mit wenigen Worten zeigt Rankha eine Realität auf, die für viele Menschen mit Migrationshintergrund schmerzhaft greifbar ist: Stigmatisierung und das Gefühl, nie ganz dazuzugehören. Statt sich davon bremsen zu lassen, macht die aufstrebende Singer-Songwriterin mit ägyptischen Wurzeln Musik zu ihrem Ventil. Aus Wut wird Kreativität, aus Zweifeln werden Texte, die unter die Haut gehen.

Ihr Sound, der von dunklen Synthesizern, sphärischen Melodien und ehrlichen Lyrics lebt, bewegt sich irgendwo zwischen melancholischem Deutsch-Pop und experimentellen elektronischen Einflüssen. Rankha spricht ungeschönt aus, worüber viele schweigen, sei es in ihren Songs oder in unserem Gespräch. Ein Gespräch über ihre neue EP „Es reicht nicht“ und ihr Streben, Musik zu kreieren, die zum Nachdenken anregt.

Wenn du deinen Sound in drei Worten beschreiben müsstest, welche wären das?

Rankha: Düster, schwer und schrill?

Das klingt nach tiefgründiger, nicht immer einfacher Kost. Warum sollte man in deine Musik reinhören?

Weil sie ehrlich ist. Meine Musik ist ein Ausdruck von unangenehmen Gefühlen, die aber eben auch einfach Teil des Lebens sind. Ich habe selbst oft Musik als Ventil genutzt, um meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Ob es Wut, Trauer, Eifersucht oder Hilflosigkeit ist – ich hoffe, dass meine Musik den Menschen dabei hilft, ihre eigenen Gefühle zu verarbeiten und einfach zu fühlen.

Zurück zum Anfang: Wie bist du zur Musik gekommen?

Es war eigentlich eher Zufall. Ich bin in einem kleinen Ort in der Steiermark aufgewachsen. Mein Bruder war mein größtes Vorbild, und deswegen habe ich mit sechs Jahren angefangen Theater zu spielen. Als ich zwölf war, haben wir unser erstes Musical aufgeführt, und ich wollte absolut nicht singen. Ich hatte keine Ahnung, dass ich das überhaupt kann. Bei einem Soundcheck, als alle schon weg waren, haben sie mich dann gebeten, es einfach mal zu probieren. Und dieser Moment hat alles verändert. Alle waren begeistert, und irgendwie haben sie mich dazu gebracht, weiter zu singen. Heute bin ich echt froh, dass es so gekommen ist, weil Musik seitdem ein riesiger Teil von mir geworden ist.

Rankha
© Christina Stehling

Vom Land in die Großstadt Wien – inwiefern hat das Einfluss auf dich und deine Musik gehabt?

Der Umzug nach Wien hat alles verändert. Meinen Stil, meine Denkweise, meine Perspektive. Wien hat meine ganze Welt irgendwie zum Einsturz gebracht. Ich habe mich selbst als Mensch total verändert. Man kommt hierher, kappt irgendwie die Verbindung zu zuhause und fängt an, die eigene Identität zu hinterfragen. Diese ganze Umbruchphase hat mich dazu gebracht, mich wirklich selbst zu erkennen, auch wenn das ein sehr langsamer Prozess ist. Jetzt schaffe ich mir hier, durch all diese Einflüsse, meine eigene neue Realität.

Deine Single „Monster“ spricht über Anpassung und den Druck, Erwartungen zu erfüllen. Was bedeutet dieser Song für dich persönlich und wie spiegelt er deine Erfahrungen wider?

„Monster“ war für mich wirklich ein Herzensprojekt. Besonders die Lyrics sind mir wichtig. Es geht wirklich um persönliche und politische Erfahrungen. Als Frau mit Migrationshintergrund und islamischem Glauben gibt es in Österreich oft Situationen, die einem das Gefühl geben, sich rechtfertigen zu müssen – oft aufgrund rassistischer Vorurteile, die nicht nur mich betreffen, sondern auch viele andere. Egal wie viel Gutes man versucht zu tun, für manche Menschen bleibt man eben ein „Monster“. Der Refrain ist schon sehr alt, er entstand, als ich provokante Sprüche auf politischen Werbeplakaten sah. Das verletzt, und da bleibt die Musik oft das einzige Ventil.

Musik und Mode sind beides Ausdrucksformen. Wie wichtig ist Mode für dich und wie beeinflusst deine Musik deinen Stil und umgekehrt?

Sehr wichtig. Ich bin ehrlich, im letzten Jahr habe ich für meine ersten Singles so viel gespart, dass ich mir kaum etwas gekauft habe und oft eher dieselben Outfits getragen habe, aber ich finde Mode ist eine wundervolle Art, seine Kreativität auszudrücken. Was mir kleidungstechnisch gut gefällt, zieht mit meiner Musik durchaus eine Parallele. Eher dunkel, disstressed und ausdrucksstark.

Kannst du einen kleinen Ausblick auf deine nächsten musikalischen Projekte geben?

Am 31. Jänner erscheint meine EP „Es reicht nicht“. Neben den bereits veröffentlichten Songs „Monster“ und „Wie immer“ enthält die EP den gleichnamigen Titeltrack sowie den neuen Song „Panik“. „Es reicht nicht“ habe ich bewusst als Fokustrack gewählt, da er für mich den ersten Schritt markiert, um mit diesen Songs in der Musikbranche Fuß zu fassen, und da noch einiges mehr kommt.

EP "Es reicht nicht"
© Christina Stehling

Der Song selbst thematisiert das Auseinanderdriften von Beziehungen. Es geht um das schmerzhafte Gefühl zu wissen, dass die Kompatibilität nicht mehr stimmt und man sich früher oder später voneinander lösen muss. Ich sehe das oft bei Freund:innen und in meinem Bekanntenkreis. Man ist so an jemanden gewöhnt, dass man nicht den richtigen Zeitpunkt findet, um sich zu trennen. Am 1. Februar werde ich außerdem Chovo im Wiener Kramladen supporten. Parallel arbeite ich natürlich schon an neuen Ideen und freue mich auf die musikalische Reise, die noch vor mir liegt.

Wenn du mal nicht singst oder Texte schreibst – wo findet man dich an einem typischen freien Tag in Wien?

Ich bin echt gern zuhause. Oder bei meiner besten Freundin. Wäre das Lautlos.Haus nicht im Umbau, würde man mich dort wahrscheinlich beim Tischtennis finden. Ansonsten ziehe ich mich mit einem guten Buch oder dem Falter in die „BAR“ in der Zollergasse zurück. Ja, total klischeehaft, aber dieser Ort inspiriert mich wirklich.

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Als Redakteurin der WIENERIN erkundet Laura Altenhofer gerne die neuesten Hotspots der Stadt. Besonders angetan hat es ihr jedoch die vielfältige Musikszene Wiens. Ob intime Clubkonzerte oder große Festivalbühnen – man findet sie meist dort, wo die Musik spielt.

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