Kaleen: Die Song-Contest-Starterin im Interview

Mit dem Hit "We will Rave" geht es nach Malmö

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Daumen Drücken! Kaleen singt in Malmö am 9. Mai 2024 in der ersten Hälfte des zweiten Semifinales um den Einzug in das Finale am 11. Mai (jeweils live ab 21 Uhr in ORF 1). © ORF/Roman Zach-Kiesling

Zehn Jahre ist es her, dass Conchita Wurst den Eurovision Song Contest gewonnen hat. Im Mai wird mit Kaleen wieder eine Oberösterreicherin unser Land beim Song Contest im schwedischen Malmö vertreten. Mit dem Pop-Track „We Will Rave“ hofft die 29-Jährige auf viele Punkte und den Einzug ins Finale, das am 11. Mai über die Bühne gehen wird.

„Mit Kaleen schicken wir eine Künstlerin zum Song Contest, die mit allen Wassern gewaschen ist – sie singt, sie tanzt, sie choreografiert und sie ist eine absolute ESC-Insiderin“, streut ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz der 29-jährigen Oberösterreicherin Rosen. Aber wer ist das Multitalent, das bisher als Tänzerin und Choreografin vieler Shows und auch mehrmals beim ESC hinter den Kulissen gearbeitet hat? 

Kaleen heißt mit bürgerlichem Namen Marie-Sophie Kreissl und ist in Ried im Traunkreis aufgewachsen. Ihre Oma ist die bekannte Schlagerkomponistin Hannelore Kreissl-Wurth, auf deren Konto u.a. das Lied „Steirermen san very good“ geht. Wenn es ums Gewinnen geht, ist die fesche Blondine von Kindesbeinen an live dabei.  Mehr als 100 Staats- und Europameistertitel hat sie bereits ertanzt, fünf Mal wurde sie in verschiedenen Formationen Weltmeisterin. Mit 20 schaffte sie es bei der Castingshow „Got to Dance“ ins Finale und 2021 erschien unter ihrem selbstgegründeten Label „Wifi Records“ ihre erste Single. Ein Interview über Karriere, Chancen und Familie. 

Kaleen, wie haben Sie erfahren, dass Sie beim Song Contest dabei sind?

Kaleen: Ende November 2023 habe ich am Abend einen Anruf bekommen, wo es mir mitgeteilt wurde. Ich konnte es anfangs gar nicht glauben und war total perplex. Das, was ich mir immer erträumt habe, wurde Realität. 

Der Eurovision Song Contest ist nichts Neues für Sie. Sie sind seit 2016 in mehreren Funktionen hinter der Bühne für verschiedene Länder dabei. Ist es ein Vorteil, zu wissen, wie es abläuft?

Ich glaube, das Leben hat mich perfekt auf das, was nun auf mich zukommen wird, vorbereitet und zwar erfahrungs- als auch produktionstechnisch. Was beim Song Contest auf der Tagesordnung steht, kenne ich mittlerweile in- und auswendig. Das ist nicht unbedingt ein Vorteil, aber es hilft mir, mit dieser großen Menge an Arbeit und Aufmerksamkeit umzugehen.

Natürlich weiß ich sehr genau, worauf das Augenmerk gelegt wird. Ich habe die vergangenen Jahre immer nach Fehlern gesucht, um diese ausbügeln zu können, und hoffe, dass ich irgendwann an den Punkt komme, wo ich sagen kann: „Ich habe mein Bestes gegeben, mich so gut wie möglich drauf vorbereitet, jetzt will ich nicht mehr perfekt sein, sondern einfach Spaß daran haben.“ 

In den vergangenen Wochen gab es bereits viele Events und Pressetermine. Wie ist es, absolut im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen?

Es ist wirklich jeder Tag anders und sehr spannend. Ich habe schon vorher Musikvideos konzipiert, gedreht und geschnitten, das gehört bei mir zum Gesamtpaket, deswegen ist vieles bereits Routine. Aber diese Anerkennung, die ich jetzt bekomme, habe ich so noch nie erlebt, zumindest, wenn es um meine Musik geht. Ich bin immer noch dieselbe Künstlerin wie vorher, aber manchmal ist so eine große Bühne einfach notwendig für einen Katapultstart. Derzeit ist alles sehr schnelllebig und ich versuche, die Momente, in denen ich Interviews oder Auftritte habe, zu genießen. Nicht nur der Moment auf der Bühne beim Song Contest, sondern der ganze Weg dorthin, ist das, was ich immer wollte. Ich bin sehr dankbar für alles, was dazu gehört. 

Ihre Oma ist die berühmte Schlagerkomponistin Hannelore Kreissl-Wurth. Ihr Onkel Tanzprofi Alexander Kreissl – war da eine Karriere als Tänzerin, Komponistin und Sängerin aufgelegt?

Ich bin mit Musik und Tanzen aufgewachsen, das ist einfach so Hand in Hand gegangen und hat mir sehr viel Spaß gemacht. Wir hatten in unserem Haus ein Tonstudio, wo ich am Nachmittag immer gespielt habe. Ich bin ganz natürlich in diese Welt reingewachsen und es hat sich nie wie Arbeit angefühlt. Auch dann nicht, als ich professionell in dem Metier zu arbeiten begonnen habe. Im Grunde genommen habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht. 

Sie haben mehr als 100 Staats- und Europameistertitel ertanzt und wurden fünf Mal in verschiedenen Formationen Weltmeisterin. War die Tanzschule Hippmann in Wels Ihre Karriereschmiede? 

Nicht nur die Tanzschule Hippmann hat mich geprägt, sondern auch diverse Tanzschulen in Linz. Im Nachhinein gesehen bin ich meinen Eltern sehr dankbar, dass sie mich von Ballett über Hip-Hop bis hin zu Standard-, Latein- und Stepptanz, was immer ich machen wollte, unterstützt haben. Aber natürlich war ich lange in der Tanzschule Hippmann und habe auch im Solo oder in der Gruppe viele Titel ertanzt. Das Tolle war für mich immer die Gemeinschaft, es machte viel Spaß, gemeinsam zu Wettbewerben zu fahren und ich habe viele schöne Erinnerungen an diese Zeit. 

MUSIK IM BLUT. Kaleen nahm schon als kleines Mädchen Ballettstunden und spielte fast täglich im Tonstudio im elterlichen Haus. © privat

Sie leben in Wien, wie lange haben Sie eigentlich in Oberösterreich gewohnt?

Die Matura habe ich noch in Oberösterreich absolviert und dann war ich ein halbes Jahr mit einem Kreuzfahrtschiff unterwegs. Danach wollte ich als Tänzerin in der Berufswelt Fuß fassen und bin nach Wien übersiedelt. 

Seit wann tragen Sie den Künstlernamen Kaleen? Und was bedeutet er?

Der Name begleitet mich schon mein ganzes Leben lang. Ich habe als Kind mit meinen Schwestern oft Castingshow gespielt und immer, wenn ich als Sängerin auftrat, wollte ich Kaleen heißen. Den Namen habe ich irgendwo aufgeschnappt. Als ich dann 2021 meine Debüt-Single veröffentlicht habe, gab es nur eine Wahl, und da dieser Name noch nicht vergeben war, hat sich das gut ergeben. 

2014 schafften Sie es mit Ihrem Tanzpartner bei der Castingshow „Got to Dance“ (ProSieben) ins Finale, seit 2020 arbeiten Sie als Choreografin für das ORF-Talenteformat „Starmania“. Wie schafft man es an die Spitze, es gibt sicher viele gute Tänzerinnen und Tänzer?

Ich glaube, bei mir war es dieses sehr breite Aufgestellt-Sein, das nicht immer auf Zuspruch gestoßen ist. Aber ich ging in der Früh in die Ballettschule und am Abend in den Breakdance-Kurs, einfach, weil es mir Spaß gemacht hat. Es war mir auch bei Bewerben nie wichtig, am Ende den Pokal in der Hand zu halten. Ich habe den Moment auf der Bühne genossen, war stolz auf mich und wollte danach mit meiner Mama nach Hause fahren. Erfolg besteht meiner Ansicht nach nicht nur aus Talent, sondern auch aus Konsequenz, harter Arbeit, Connections und dem berühmten Quäntchen Glück. Wenn das alles zusammenpasst, dann schafft man es an die Spitze. 

Wie gehen Sie damit um, wenn es mal nicht so klappt?

Auch das habe ich schon kennengelernt. Vor allem als Sängerin, wo ich die letzten vier Jahre versucht habe, eine Art Durchbruch zu schaffen. Das hat bis jetzt, wo ich zum Eurovision Song Contest fahren darf, nicht funktioniert. Aber womöglich hatte das Leben vorher etwas anderes für mich geplant. 

Sie haben sich schon im Vorjahr für den ESC mit dem Song „Owe You Pretty“ beworben, unterlagen aber Teya & Salena. War es für Sie klar, es nochmal zu probieren? 

Als ich damals erfahren habe, dass ich nicht dabei sein werde, habe ich schon mit mir gekämpft. Vor allem, weil die Rückmeldungen im Vorhinein recht positiv waren.  Natürlich bringt einen so eine Enttäuschung ins Strudeln, aber ich habe mir gedacht: „Okay, es soll nicht sein, also schreibe ich ein Album.“ Dadurch konnte ich wieder neue Energie schöpfen. Das Schöne am Song Contest ist, dass er für uns Künstlerinnen und Künstler kein Wettbewerb sein muss, sondern die Möglichkeit bietet, die größte Bühne der Welt zu nutzen. Man muss nicht gewinnen, um dort Erfolg zu haben. Das ist auch irgendwie das Schöne daran, obwohl gewinnen natürlich schon das Ziel ist (lacht).

Nehmen Sie ein Maskottchen mit nach Malmö?

Ein klassisches Maskottchen wie einen Teddybären oder so habe ich nicht. Wichtig ist meine Community und vor allem meine Familie. Anfangs durfte ich niemandem mitteilen, dass ich zum Eurovision Song Contest fahren werde. Das war schwierig. Aber ich habe sofort für meine Mama in Malmö ein Hotelzimmer gebucht und ihr meine Teilnahme mit der Buchungsbestätigung präsentiert. Ich freue mich sehr, dass alle mitkommen, die mir wichtig sind. 

Sind Ihre beiden Schwestern auch künstlerisch tätig?

Ja, wir waren immer zu dritt bei den Tanz-Meisterschaften und sind auch gemeinsam durch die Welt gereist und haben getanzt. Meine beiden Schwestern singen allerdings nicht. Eine unterrichtet in der Tanzschule Hippmann und die andere in einer Tanzschule in München.  

Kommen Sie noch oft nach Oberösterreich?

Zu Nicht-Song-Contest-Zeiten verbringe ich meistens alle zwei, drei Wochen ein Wochenende bei meiner Mama in Kirchschlag. Ich bin ein absoluter Familienmensch und habe wenig Freundinnen und Freunde. Ich würde sogar meine Schwestern, meine Mama und die Oma als Freundinnen bezeichnen. Im Moment ist es etwas schwierig, dass wir uns sehen, weil mein Terminkalender so voll ist. Aber ich freue mich riesig, dass sie zum Song Contest kommen und wir alles gemeinsam erleben dürfen.  

Familienmensch. Alle zwei, drei Wochenenden besucht Kaleen ihre Mama in Kirchschlag im Mühlviertel, wo sie so richtig „abhängen“ kann. © Ö-Tourismus/Fickert

„We Will Rave“ macht Lust auf Party und Feiern. Wer hat das Lied geschrieben? 

Vier Songwriter und Produzenten, zwei aus Schweden und zwei aus Dänemark, haben den Song geschrieben. Ich habe die Produzenten vergangenes Jahr beim Song Contest kennengelernt und ihnen mitgeteilt, dass ich heuer beim ESC teilnehmen will. Sie haben zugesagt und nach meinen Anweisungen einen schnellen, positiven und energiegeladenen Popsong gemacht. Im Studio haben sie mir „We Will Rave“ präsentiert und ich war sofort begeistert, obwohl ich nicht so der Rave-Fan bin, aber es ist ein Song, der anregt, Party zu machen. Egal wo, man kann auch im Wohnzimmer oder in der Küche raven, Hauptsache es geht einem gut dabei. 

Heidi Klums Lieblings-Starfotograf Rankin zeichnet für den sexy Videoclip von „We Will Rave“ verantwortlich. Fünf männliche GNTM-Kandidaten zeigten vollen Körpereinsatz. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?

Wir haben im Team überlegt, wie wir uns international aufstellen können. Dabei sind wir auf Rankin gestoßen und haben ihn über Instagram angeschrieben. Er war ziemlich schnell mit an Bord, und als wir die internationalen Pressefotos mit ihm geshootet haben, schlug er vor, auch das Musikvideo zu machen. Also sind wir nach Los Angeles geflogen und haben gedreht. Diese Chance wollten wir uns nicht entgehen lassen.  

Welche Chancen rechnen Sie sich beim Eurovision Song Contest aus?

Das kann ich überhaupt nicht sagen, weil viele Dynamiken erst vor Ort entstehen. Das Wichtigste ist, dass ich zu 100.000 Prozent hinter meinem Song stehe. Soviel ich bisher mitbekommen habe, verbinden viele Menschen damit schöne Erinnerungen und positive Vibes, das gibt mir irrsinnig viel. Natürlich streben wir den ersten Platz an, aber letztendlich ist es wichtig, Spaß zu haben und den Auftritt zu genießen. Ich bin professionell und werde mein Bestes geben.

Gibt es für Sie in Sachen Bühne, Tanz, Show, Gesang ein Vorbild?

Seit der Pubertät ist Beyoncé mein Vorbild. Ich finde die Art und Weise, wie sie Projekte angeht, sehr interessant. Ich habe gelesen, dass  sie  die Erste ist, die morgens kommt und die Letzte, die abends heimgeht. Meine Arbeitsmoral ist ihrer sehr ähnlich.  

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