Gianna Bacio klärt auf

Gianna Bacio: Die Sexfluencerin sorgt für intimen Gesprächsstoff

Aufklärerin und Unterhalterin aus vollem Herzen.

7 Min.

© Xenia Bluhm

Fragen zu sexuellen Vorlieben und dem eigenen Körper sind mit Scham behaftet und bleiben oft unausgesprochen. Als Sexfluencerin räumt Gianna Bacio mit Vorurteilen und Fehlinformationen auf.

Das Thema Sex ist omnipräsent und trotzdem fällt es schwer, offen darüber zu kommunizieren. „Wir werden auf diese Welt losgelassen, ohne irgendwelche Qualifikationen zu haben, darüber zu sprechen“, sagt Gianna Bacio.

Der Aufklärungsunterricht in den Schulen ist lustfern. Es wird über Verhütung, Schwangerschaft und Periode aufgeklärt. Aber wie man mit seiner Partnerin oder seinem Partner über Sex spricht, wie man Bedürfnisse äußert oder wie man überhaupt herausfindet, was einem gefällt, das lernt man nicht.

Viele Kinder und Jugendliche kommen früh in Kontakt mit Pornografie und haben nicht die Möglichkeit, ihre eigene Sexualität richtig einzuordnen. Im Erwachsenenalter stehen sie dann oft vor Problemen und Herausforderungen und fühlen sich damit allein. Die Sexualpädagogin und Autorin erreicht mit ihren Aufklärungsvideos auf Instagram und TikTok fast eine Million Menschen.

Am 4. April kommt Gianna Bacio im Zuge ihrer „Sexfluence Live-Tour“ nach Wien und lädt mit Herz und Humor dazu ein, das Schweigen in den Schlafzimmern zu brechen.

Sexfluencerin Gianna Bacio im Interview
© Xenia Bluhm

Obwohl wir fast täglich mit dem Thema Sex konfrontiert sind, wird selten offen darüber gesprochen. Wo siehst du hier die Verantwortung? Wird zu wenig oder falsch aufgeklärt?

Gianna Bacio: Bestenfalls sollte man von klein auf einen natürlichen Bezug zum Thema Sexualität haben und die Schulen sind auch in der Verantwortung, einen Teil davon zu übernehmen. Aber ehrlicherweise genauso die Eltern. Kinder beobachten, wie Eltern mit dem Thema umgehen. Ob sie offen darüber sprechen oder eben nicht. Die Verantwortung liegt bei verschiedenen Stellen.

Ich finde es vor allem schwierig, dass Pornografie heutzutage so einfach verfügbar ist. Aus meiner Sicht wäre es sehr viel sinnvoller, wenn das nicht so öffentlich verfügbar wäre. Gar nicht, weil ich Pornografie per se schlecht finde, sondern eher, damit Jugendliche die Möglichkeit haben, ihre eigenen Erfahrungen zu machen.

Gianna Bacio über Klischees und tabuthemen

Welche Themen werden deiner Meinung nach besonders stark tabuisiert?

Ein totales Tabuthema ist zum Beispiel die männliche Unlust. Nach der Klischeevorstellung müsste ein Mann immer können und das setzt viele sehr unter Druck. Darüber sollte mehr gesprochen werden. Aber auch über Sex im Alter. Ältere Menschen möchten Sexualität genauso leben und erleben. Ich habe außerdem das Gefühl, dass die männliche Masturbation gesellschaftlich sehr viel angekommener ist als die weibliche. Den meisten Männern fällt es viel leichter darüber zu sprechen als Frauen.

Wir haben einen großen Nachholbedarf, um Frauen zu vermitteln, dass es normal ist zu masturbieren.

Gianna Bacio, Sexualpädagoging und Autorin

Stichwort: weibliche Masturbation. Dein erstes Buch trägt den Titel „Hand drauf! Ein Plädoyer für die weibliche Masturbation“. Warum war dir das Buch so wichtig und worum geht es genau?

Ich wollte unbedingt die weibliche Sexualität angehen, weil ich das Gefühl hatte, dass sie viel zu wenig angesprochen wird. Wir haben einen großen Nachholbedarf, um Frauen auch wirklich das Gefühl zu vermitteln: „Du bist normal mit deiner Lust und es ist normal zu masturbieren“.

In meinem Buch behandle ich aber auch anatomische Grundlagen und die Geschichte der Masturbation. Warum haben wir da so viel Scham und warum war das auch so lange Zeit tabuisiert? Masturbation war früher verboten. Ich liefere auch viele Anregungen und Tipps und gebe konkrete Handgriffe, die aber eher zur Inspiration dienen sollen, um unerfahrenen Frauen eine Hilfestellung an die Hand zu geben.

© Xenia Bluhm

schluss mit dem schweigen

Du sagst es ist wichtig, herauszufinden, was einem selbst gefällt. Wie schafft man das? Viele, vor allem auch junge Menschen, haben unrealistische Bilder im Kopf und sind dementsprechend davon beeinflusst.

Es fängt eigentlich damit an, dass wir so viel Zeit an Bildschirmen verbringen und somit sehr viel im Außen sind. Da nehme ich mich selber gar nicht aus. Sich davon zu lösen und sich wieder auf sich selbst zu besinnen ist extrem schwer, weil man ständig die Möglichkeit hat, sich abzulenken. Ein Tipp wäre zum Beispiel immer wieder Ruhepausen einzuplanen und sich selbst zu reflektieren.

„Journaling“, also die eigenen Gedanken auf Papier festzuhalten, kann auch sehr hilfreich sein. Man sollte sich selbst Fragen stellen, ohne daran zu denken was andere oder die Gesellschaft von einem erwarten könnte. Vielleicht kommt dann etwas ganz anderes dabei raus, als man eigentlich erwartet hätte und man ist selbst darüber erstaunt.

Mit deinen Aufklärungsvideos bist du auf Instagram, TikTok & Co sehr aktiv. Welche Rolle spielen die sozialen Medien?

Selbst auf diesen Plattformen nutzen viele noch Umschreibungen wie etwa „Ich frage für eine:n Freund:in“, obwohl es eigentlich die Person selbst betrifft. Dahinter steckt zum einen Scham, aber zum anderen auch ein biologischer Nutzen, denn früher wäre man von der Gesellschaft vielleicht deswegen ausgestoßen worden. Das ist heute glücklicherweise nicht mehr der Fall, aber man macht sich natürlich trotzdem angreifbar.

Social Media bietet viele Chancen, um zu erkennen, dass es anderen ähnlich geht. Viele haben die gleichen Fragen, Probleme und Herausforderungen. Ich bekomme so oft die Frage gestellt: „Bin ich normal?“ und die Antwort lautet in fast allen Fällen: „Ja, natürlich bist du normal!“

© Xenia Bluhm

Sexualität in Beziehungen: Kommunikation ist das a und o

Dein zweites Buch „Love Your Sex“ beschäftigt sich mit einem entspannteren Sexleben fern von unrealistischen Vorstellungen. Wie kam es dazu?

Einerseits haben mich immer wieder Fragen erreicht wie: „Wie kann ich mein Sexleben mit meiner Partnerin oder meinem Partner aufpeppen oder verbessern? Ich habe also gemerkt, dass der Wunsch nach einem Buch über partnerschaftlichen Sex groß ist. Zum anderen wollte ich mein Wissen, das ich mir durch meine Ausbildung zur Sexualberaterin angeeignet habe, weitergeben.

Das Sexocorporel-Konzept erklärt sehr gut die partnerschaftliche Sexualität und die Hintergründe, aber gibt auch Tools an die Hand, um bestimmte Dinge zu verstehen und zu verändern. Sexocorporel geht von dem Ansatz aus, dass Körper und Geist zusammenhängen. Das fand ich so spannend und ermutigend, dass ich die Erkenntnisse in meinem Buch zusammengegossen habe.

Über Sex zu sprechen und das mit Humor zu verbinden, kann sehr förderlich für eine Beziehung sein.

Gianna Bacio, Sexualpädagogin und Autorin

Wie kann ich meiner Partnerin oder meinem Partner mitteilen, was mir gefällt und was nicht, ohne dabei die Person zu verletzen?

Wenn man Kritik äußern möchte, würde ich davon abraten, das während dem Sex zu tun, denn das kann verletzend sein und eher nach hinten losgehen. Natürlich kann man sagen: „Ich mag das lieber“ oder: „Mach mal so“, aber um größere Kritikpunkte anzusprechen, sollte man vielleicht sogar einen bestimmten Zeitpunkt vereinbaren. Ich finde es sehr sinnvoll, sich zu verabreden, um darüber zu sprechen.

Wenn es jemandem generell schwerfällt, über das Thema zu sprechen, dann kann man das auch eher spielerisch angehen. Deshalb habe ich dann das Spiel „The Sex Talk“ rausgebracht. Ein Kommunikationsspiel, das helfen kann, leichter miteinander ins Gespräch zu kommen und die richtigen Worte zu finden. Am Anfang kann es komisch sein, über Sex zu sprechen, weil wir es einfach nicht gewohnt sind. Aber wenn man es immer wieder macht und vielleicht auch mit Humor verbindet, dann kann das sehr förderlich für eine Beziehung sein.

Im Zuge deiner „Sexfluence Live-Tour“ kommst du auch nach Wien. Worauf darf sich das Publikum freuen?

Meine Show ist eine Verbindung aus Comedy und Aufklärung. Wissensvermittlung, bei der man aber auch lachen wird. Es wird nichts zensiert. Das Publikum kann sich darauf freuen, dass ich die Dinge beim Namen nenne. Ich möchte eine leicht zugängliche und lockere Atmosphäre schaffen und das Publikum dazu einladen, das auch mit nach Hause ins eigene Schlafzimmer mitzunehmen. Ich spreche über verschiedene Themen wie Masturbation, Pornografie oder auch über Anatomie – aber alles nett und locker verpackt, wie bei einem netten Abend unter Freund:innen.

Gianna Bacio live in wien: Jetzt mitmachen und gewinnen!

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