Surferin Christina Gindl: „An manchen Tagen bin ich die einzige Frau im Wasser“
Gegen den Strom
© Lena Kemna
Auf den rauen Wellen des Atlantiks kämpft Christina Gindl nicht nur gegen die Elemente, sondern auch für mehr Anerkennung von Frauen im Surfsport.
Kalte, stürmische Windböen ziehen über den Atlantik. Die meterhohen Wellen brechen an den schroffen Felsen der portugiesischen Küste, die im winterlichen Morgennebel nur vage zu erkennen sind. Für Christina Gindl sind genau das die perfekten Bedingungen, um sich in die Wellen zu stürzen. Vor fast einem Jahrzehnt hat die österreichische Athletin ihrem Leben in Wien den Rücken gekehrt. Heute lebt sie an der Küste Portugals und surft das ganze Jahr hindurch auf den Wellen des Atlantiks – als eine von nur wenigen Frauen.
Von der Spätzünderin zur Profi-Surferin
Christinas Einstieg in den Surfsport war alles andere als typisch. „Mit 24 Jahren habe ich für eine NGO auf Mauritius gearbeitet und dort mit Kitesurfen angefangen. Es war die perfekte Grundlage, um die Dynamik des Wassers zu verstehen“, erzählt sie. Das Kitesurfen führte sie schließlich zum Wellenreiten. „Anfangs war es wirklich schwer, die Technik zu lernen. Surfen braucht extrem viel Übung und Geduld und brachte mich sowohl physisch als auch mental an meine Grenzen“, blickt sie zurück.
Surfen Im Reich der Giganten
Heute, Jahre später, sind es genau diese Herausforderungen, die sie antreiben. „Der Atlantik ist wilder und oft auch unberechenbar“, erklärt Christina. „Das Wasser ist kälter und das Wetter oft stürmischer als in tropischen Gefilden.“ Besonders im Winter wird Portugal zu einem Mekka für erfahrene Surfer:innen, die sich den riesigen Wellen stellen wollen.
Besonders bekannt ist die Region um Nazaré, wo die legendären Monsterwellen bis zu 30 Meter hoch werden. Auch Christina stand bereits in Nazaré auf dem Surfbrett, die größten Wellen der Welt stehen aber noch auf ihrer Liste. Big-Wave-Surfen sei der nächste Schritt in ihrer Karriere und eine Herausforderung, die sie sich fest vorgenommen habe.
Adrenalinkick
Christinas Alltag ist durch und durch auf das Surfen ausgelegt. „Ich schaue morgens zuerst, wie die Wellen sind, und wenn es passt, dann ab ins Wasser“, beschreibt sie ihren Tagesablauf. Doch das Surfen allein reicht ihr nicht. Ihre Routine umfasst auch Kraft- und Ausdauertraining, Atemübungen und sogar Apnoetauchen. „Das Freediving hat mir sehr geholfen, meine Angst vor großen Wellen zu überwinden“, erklärt sie. „Wenn man eine große Welle surft, muss man damit rechnen zu stürzen und länger unter Wasser gedrückt zu werden. Da hilft es, wenn man weiß, wie man seinen Atem kontrolliert und ruhig bleibt.“
Allein auf weiter Flut
Mit 33 Jahren blickt Christina auf eine intensive Zeit voller Training und Herausforderungen zurück – eine Zeit, in der sie sich in einem Sport bewiesen hat, der oft als Männerdomäne gilt. „An manchen Tagen bin ich die einzige Frau im Wasser unter vielen Männern“, sagt die gebürtige Niederösterreicherin. „Vor allem an beliebten Surfspots wie hier in Portugal oder in Indonesien merkt man das deutlich.“
Obwohl sich in den letzten Jahren viel für Frauen in der Surfszene verändert hat und die World Surf League beispielsweise seit 2019 eine verpflichtende Prämiengleichheit für Frauen und Männer bei Wettbewerben eingeführt hat, haben viele Frauen immer noch mit Vorurteilen zu kämpfen. „Natürlich gibt es Momente, in denen man spürt, dass Frauen im Wasser noch nicht immer als gleichwertig angesehen werden“, erklärt sie. „Einige männliche Surfer respektieren und unterstützen mich, andere hingegen beäugen mich eher misstrauisch und lassen mir weniger Wellen.“
Welle der Veränderung
Dass Frauen in dieser Szene oft nach anderen Maßstäben bewertet werden, ist für Christina eine Realität, die sie akzeptiert hat, ohne sich unterkriegen zu lassen. In den letzten Jahren hat sich viel verändert – auch dank Frauen wie Annika von Schütz, die mit dem Film „Femme Ocean“ zeigt, dass Frauen schon lange im Surfsport aktiv sind und ihren Platz ebenso verdienen wie Männer. Auch Christina hofft, dass diese Bewegungen weiter an Schwung gewinnen kann und auch junge Mädchen inspiriert, sich in Extremsportarten auszuprobieren.
Die Österreicherin setzt sich selbst aktiv für andere Frauen im Sport ein und versucht über soziale Medien junge Athletinnen zu inspirieren. „Es ist schön, wenn ich andere motivieren und sie bestärken kann, ihre eigenen Wege im Sport zu finden“, sagt sie. „Ich habe selbst erlebt, wie wertvoll es ist, Unterstützung zu bekommen, und ich möchte zeigen, dass man alles schaffen kann, auch wenn die Erwartungen anderer manchmal dagegen sprechen.“
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MEHR ÜBER DIE REDAKTEURIN:
Als Redakteurin der WIENERIN erkundet Laura Altenhofer gerne die neuesten Hotspots der Stadt. Besonders angetan hat es ihr jedoch die vielfältige Musikszene Wiens. Ob intime Clubkonzerte oder große Festivalbühnen – man findet sie meist dort, wo die Musik spielt.