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Trudy ist Tätowiererin in einem der berühmtesten Tattoo-Studios der Welt. Die WIENERIN sprach mit ihr über verschiedene Welten, ihre Arbeit mit Prominenten und eine nachhaltige Zukunft.
Tattoo-Artist Trudy lebt ihren persönlichen American Dream in einem der bekanntesten Tattoo-Studios der Welt: Seit acht Jahren arbeitet sie bei Bang Bang Tattoo in New York. Dort spazieren Stars wie Justin und Hailey Bieber, Rihanna, Miley Cyrus, Matt Damon oder Selena Gomez ein und aus.
Auch sie selbst hat prominente Persönlichkeiten wie Dave Bautista oder Alessandra Ambrosio tätowiert. Trudy wurde in Oberösterreich geboren, hat viel Zeit ihrer Kindheit in Vorarlberg verbracht und lebte einige Jahre in Wien.
Ihre Neugier und Lust auf volle Entfaltung brachten sie schließlich in die USA. Trudy ist Künstlerin, seitdem sie denken kann, besuchte die Grafik HTL in Linz, studierte Kunstgeschichte in Wien. Gefehlt hat ihr im Studium das künstlerische Schaffen.
Schließlich begeisterte sie die Haut als Kunstobjekt: „Man arbeitet auf einem Material, das altert, das sich bewegt und das eine Meinung hat“, erklärt sie heute. Schließlich begann sie neben dem Studium eine Ausbildung bei Art & Tattoo Vienna, einem bekannten Wiener Tätowier-Studio.
Dort lernte sie von großartigen Künstler:innen, bis sie das Gefühl hatte: Sie will mehr. Auf der Suche nach neuen Inspirationen und Weiterbildung brach sie ihre Zelte in Wien ab und ging auf Weltreise.
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Trudy Lines über New York, Stars und die Zukunft der Tattoos
Wie bist du in New York City gelandet?
Ich bin viel gereist, war auf Conventions in den USA, in Südamerika. Bang Bang ist auf mich aufmerksam geworden und wollte, dass ich bei ihnen als Tätowiererin anfange. Ich habe abgelehnt, wollte weiter nach Peru, aber sie waren sehr überzeugend. Das war im April 2017. In New York habe ich mich erstmals so richtig zuhause und angekommen gefühlt.
Du hast von vielen verschiedenen Artists gelernt. Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Sehr unterschiedlich, er ändert sich auch. Das Problem ist, dass ich einen Style mag und tätowiere, und dann mache ich das so oft, dass ich nach ein paar Monaten gelangweilt davon bin und etwas Neues machen möchte. Im Großen und Ganzen ist es aber oft realistisch, sehr detailliert und Fine Line, gemischt mit Abstraktem.
Und was inspiriert dich, wenn du etwas Neues machen magst?
Ich verbringe viel Zeit in der Natur, das erdet mich, aber ich würde nicht sagen, dass daher meine Inspiration kommt. Kund:innen geben mir eine gewisse Richtung, ich designe vor Ort mit ihnen und versuche ihre Energie miteinzufangen. Ich interviewe sie und will ihre Persönlichkeit integrieren. Es kann sein, dass man dann mit einem anderen Tattoo rausgeht, als man sich im Vorhinein gedacht hat.
Ich will zeigen, dass die Klischees der typisch tätowierten Frau nicht mehr zutreffen.
Trudy, Tattoo-Artist
Gibt es ein Design, welches du überhaupt nicht mehr sehen kannst?
Gerade im Moment sind es Tierporträts, also Haustiere, Hundeporträts, Katzenporträts, alles mit Fell (lacht). Eine Zeit lang war ich ausgelaugt von Blumen, aber in letzter Zeit mag ich sie wieder sehr.
Was würdest du Menschen vor ihrem ersten Tattoo raten?
Hab eine Meinung. Ich weiß, es kann sehr einschüchternd sein, wenn man in ein Tattoo-Studio reingeht, gerade wenn man dem Artist schon länger auf Instagram folgt. Aber es ist wichtig, dass man eine Meinung hat und sich nichts aufquatschen lässt.
Man sollte wissen, was man ungefähr haben will, aber man sollte auch offen für Vorschläge sein. Ich glaube, Tätowierer:innen arbeiten besser, wenn 30 Prozent der Idee von dir kommen und 70 Prozent Raum für Kreativität bleibt. Aber gefallen muss es dir, du trägst das ein Leben lang.
Wie empfindest du das Berufsfeld der Tattoo-Artists für Frauen zurzeit?
Es ist immer noch eine Männerdomäne, aber die jüngere Generation ändert das. Es ist viel einfacher geworden, als Frau in die Branche einzusteigen. Allein die Geschichte ist spannend, es gibt beeindruckende Kunst aus anderen Kulturen, da haben ganze ethnische Gruppierungen Tätowierungen – auch Frauen und Heranwachsende.
In Amerika und Europa waren Tattoos eher Teil krimineller Gruppen oder sie wurden von Schiffsleuten getragen. Deshalb waren die Motive eher maskulin, ein Anker oder Totenkopf zum Beispiel. Ich glaube, dass es deshalb lange eine Männerdomäne war und nicht, dass man gesagt hätte, dass Frauen nicht erwünscht sind.
Nimmst du noch Vorurteile gegenüber Tätowierungen wahr?
Ja, klar gibt es Leute vom alten Schlag, die Tattoos schräg anschauen. Aber es wird weniger. Meine Kund:innen sind Chirurg:innen, Rechtsanwält:innen, Leute, die in Banken arbeiten, da ist alles dabei. Eine kleine Mission von mir ist, dass ich die Wahrnehmung der Kritiker:innen ändere.
Ich will zeigen, dass die Klischees der typisch tätowierten Frau nicht mehr zutreffen. Dass viele Stars auch Tattoos haben, hilft da auch.
Bang Bang Tattoo wurde durch Stars wie Rihanna oder Cara Delevigne berühmt. Wie ist das für dich, Stars so nahe zu sein?
Wenn man dort anfängt, denkt man sich, „Wow, ein Celebrity“, und davor hatte ich ein simples Leben. Wenn man in Amerika aufwächst, ist das was anderes, aber wenn man aus Österreich kommt, ist das ein Riesenthema. Ich war anfangs schon aufgeregt, aber dann merkt man, dass das komplett normale Leute sind.
Du quatschst miteinander, es ist alles entspannt. Matt Damon hat mir einmal geholfen, meinen vollgepackten Koffer für meine anstehende Österreich-Reise zuzumachen (lacht).
Es ist immer noch eine Männerdomäne, aber die jüngere Generation ändert das.
Trudy, Tattoo-Artist
Gibt es etwas, was du aus Österreich in Amerika vermisst?
Ich komme sicher zwei bis vier Mal im Jahr nach Österreich. New York ist eben mein Zuhause, in Österreich liegen meine Wurzeln. Ich bin auch sehr stolz, dass ich Österreicherin bin und bin stolz auf die Werte, die wir bezüglich Gesundheit, Essen und Umwelt haben. Ich wurde so erzogen, dass wir auf die Umwelt achten und auf die Ressourcen, die wir haben.
In Amerika ist das nicht so, die haben das Wissen dazu oft gar nicht. Aber New York und Amerika haben auch viele schöne Seiten: Die Engstirnigkeit von den Österreicher:innen vermisse ich nicht. In Amerika ist alles so offen.
Wo gehst du gerne hin, wenn du mal in Wien bist?
Ich liebe den Stadtpark und gehe am Ring spazieren. Als Kunsthistorikerin haben mich die Gebäude am Ring schon immer inspiriert und beeindruckt – der Mix aus Neo-Baroque, Renaissance, Jugendstil und Neoclassic ist einfach großartig.
Der Naschmarkt ist mein Must-go, sonst bin ich gerne im Kleinen Café, Café Benno und im Gastgarten vom Rüdigerhof.
Gibt es einen Traum, den du anstrebst?
Langfristig gesehen möchte ich das Tätowieren reduzieren. Ich habe mein Hobby zu meinem Beruf gemacht, was gut klingt, aber mein Gehalt hängt jetzt von meiner Passion ab. Also ist es mehr Beruf als Hobby geworden, und
das möchte ich ändern.
Ich habe auch einige Projekte, in denen ich mich mit der Umweltverschmutzung der Modeindustrie beschäftige. Ich will das Bewusstsein darüber stärken und an Lösungen arbeiten. Das ist mein großes Ziel für die Zukunft.