Parov Stelar im Interview

Parov Stelar: „Veränderung ist pures Leben – auch in der Kunst“

Interview mit dem Pionier des Electro Swings

6 Min.

© Andreas Tischler

Eigentlich muss man nicht erklären, wer Parov Stelar ist – schließlich ist der gebürtige Oberösterreicher, der eigentlich Markus Füreder heißt, seit Jahren auf den internationalen Bühnen dieser Welt zu Hause. Er gilt als Pionier des Electro Swing, besitzt zehn Amadeus Awards und hat unter anderem bereits mit Lady Gaga und Tony Bennet gearbeitet. Seit kurzem ist er offizieller Friend of the Brand des Juweliers Bucherer, in dessen Salon in der Wiener Innenstadt wir den Künstler zum Talk über seine Bilder, Selbstzweifel und Raben getroffen haben.

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Viele wissen vielleicht gar nicht, dass du schon gemalt hast, bevor du überhaupt zur Musik gekommen bist. Welchen Stellenwert hat Kunst für dich?

Parov Stelar: Das ist ganz einfach: Die Kunst ist ein großer Teil meines Lebens. Ich unterscheide auch nicht zwischen Malerei und Musik. Neben meinem Sohn ist es in Wahrheit das, was mich 24 Stunden am Tag beschäftigt. Es ist einfach ein wesentlicher Teil von mir und meinem Leben.

Woher nimmst du die Inspiration für deine Bilder?

Ganz ehrlich: Manchmal wäre ich eigentlich froh, wenn ich weniger Inspiration hätte (lacht). Das kann man nämlich alles eigentlich gar nicht verarbeiten. Nachdem ich wahnsinnig viel auf Tour bin, nehme ich natürlich viele Eindrücke von dort mit – irgendetwas passiert ja immer. Und dann gibt’s wiederum das tagtägliche Leben – das ist die eigentliche Inspiration.

Du hast mal gesagt, dass es immer wieder vorkommt, dass „sich ein Bild noch einmal komplett dreht“. Was bedeutet das?

Manchmal sitze ich vor einem meiner Bilder, schau es an und merke: Es schaut nicht zu mir zurück. Irgendwie fehlt mir was. Das ist dann eigentlich die spannende Phase. Wenn man hingeht und dann vielleicht nochmal alles zerstört und wieder neu aufbaut.

Es gibt einfach Dinge, die wollen auf die Welt kommen – unabhängig davon, ob du das planst oder nicht. Das ist denen völlig wurscht. John Lennon hat gesagt: “Life happens when you’re busy making other plans”. Und genauso läuft es doch auch. Wir glauben immer, dass wir die Zügel in der Hand haben – haben wir aber in Wahrheit gar nicht.

Es heißt ja, dass du in deinen Bildern mit dir selbst kämpfst und du deine Ängste auslebst. Würdest du dem zustimmen?

Ich finde, das ist eine maßlose Untertreibung! (lacht). Ich denke mir, jeder durch und durch zufriedene Künstler ist wahrscheinlich ein langweiliger Künstler und wird wahrscheinlich auch gar keiner sein. Wenn du zufrieden bist und alles ist eitle Wonne Sonnenschein, dann hast du wahrscheinlich gar nicht das Bedürfnis, dass du etwas hinklatscht.

Ich sag auch immer, dass Malerei und Musik teilweise ein reiner Verzweiflungsakt sind. Ich habe keine Ahnung wie ich das, was ich gerade spür in Worten beschreiben könnte also nehme ich den Pinsel in die Hand oder fange irgendwelche Klänge dazu an.

Parov Stelar über Kunst, Selbstzweifel und Raben.
© Andreas Tischler

Im Umkehrschluss hieße das dann, dass du nur in deinen schlechten Phasen Kunst erschaffst?

Also wenn es einem wirklich schlecht geht, kommt meiner Meinung nach nichts Gutes raus, weil es dann nur destruktiv ist. Die größte Kraft schöpfe ich in einer positiven Melancholie – à la da ist viel Gefühl da und jetzt dreht es sich in etwas Gutes. Zeiten, in denen du merkst, dass sich etwas verändert. Und ich begrüße Veränderung. Veränderung ist pures Leben. Auch in der Kunst.

Sollte man deiner Meinung nach einen guten Draht zu seiner eigenen dunklen Seite haben, um Kunst zu kreieren?

Einen Drang zur dunklen Seite habe ich nicht – eher zum Mystischen. Und das Mystische wird oft mit einer dunklen oder negativen Seite assoziiert. Für mich steht das aber für das Unerforschte. Es gibt über den Raben wahrscheinlich weit mehr Legenden als über den Papagei – weil der Rabe spannender ist.

Gibt es bei dir auch Phasen, in denen du Kreativität nicht spürst? Die gibt’s absolut. Ich habe Phasen da denk ich mir, dass alles, was ich mache, absoluter Mist ist. In solchen Momenten denk ich mir, dass ich vielleicht lieber Gärtner werden sollte. Aber das Gute am Älterwerden ist ein gewisses Grundvertrauen, das einem in solchen Momenten sagt, dass das Kreative schon wieder kommt. Man braucht eben ab und zu Ruhepausen.

Und was machst du dann in diesen Ruhepausen?

Ich verbringe dann sehr gerne Zeit mit meinem Sohn oder gehe raus in die Natur – ich bin jetzt nicht so der Stadtmensch. Beschäftigung mit Spiritualität oder Sport. Einfach weg vom Werk. Ein Abstand, der einem sagt „Markus, du bist jetzt auch ohne dass du etwas schaffst genug!“. Aber wer kann das schon?

Du hast jetzt einen Kurzbesuch mit einer Auswahl deiner Werke aus der Galerie Haas & Gschwandtner im Bucherer Salon in Wien hinter dir. Wie ist es für dich, wenn du mal in Wien bist?

Für mich ist Wien immer ein bisschen ambivalent. Wien ist Wien. Wenn du aus einem anderen Bundesland kommst, musst du dich hier erst mal durchkämpfen, dass du hier ein Standing bekommst. Und das habe ich nicht vergessen – das prägt einen natürlich. Ich habe am Broadway in New York gespielt und da habe ich mich weit weniger gefürchtet als in der Wiener Stadthalle – das sag ich dir ganz ehrlich (lacht).

Da du immer viel unterwegs bist: was bedeutet Heimat für dich?

Ich glaub dort, wo dein Urvertrauen als Mensch passiert ist, dort ist Heimat. Ich habe zehn Jahre lang in Spanien gewohnt und sage mittlerweile, dass das meine zweite Heimat ist. Wirklich Heimat ist aber bei mir zu Hause in Oberösterreich. Das sind so banale Dinge, die dort passieren, die dir aber auf eine gewisse Art Sicherheit geben. Wenn du zum Beispiel deine Wurstsemmel im Dialekt bestellen kannst – das ist dann Heimat.

Heute erscheint deine neue Single „Boy met Girl“ …

Ja, das ist seit langer Zeit mal wieder eine Single von mir und ich habe mir wirklich Zeit gelassen, weil ich nicht genau wusste, was ich machen möchte. Das ist ein uralt vocal sample gewesen kombiniert mit einem KI-Video, in dem wir einzelne Bilder generiert haben. Ich bin schon sehr gespannt, wie es ankommen wird …

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