Sonja Wimmer übers Servitenviertel, Tradition und Moderne
Grünes Juwel
© Catherine Stukhard
Wiener Charme und kleiner Geheimtipp: Das Boutiquehotel The Harmonie tanzt aus der Reihe. Eigentümerin und Geschäftsführerin Sonja Wimmer über eine jahrzehntelange Geschichte voller Tradition, Kunst und Kultur.
Um das The Harmonie in der Harmoniegasse zu entdecken, muss man von dem kleinen Boutiquehotel wissen, denn das Gässchen wirkt schon fast unscheinbar. Ein genauer Blick lohnt sich aber: Am Ende befindet sich das von Otto Wagner 1865 erbaute Harmonietheater. Daneben steht ein von Efeu umranktes Hotel in einem Haus, das einst die Tänzer:innen und Künstler:innen beherbergte. Seit 1989 ist das Hotel im Besitz der Familie von Sonja Wimmer, 2006 übernahm sie selbst das Unikat im Servitenviertel. Zu diesem Zeitpunkt war sie 25 Jahre alt.
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The Harmonie ist voller Geschichte
66 Zimmer befinden sich in dem Boutiquehotel in der Harmoniegasse 5–7, zum Teil sind sie sogar noch in Originalgröße von damals aufzufinden. Hier wird Geschichte bewahrt, alte Hotelpläne aus den 1940er-Jahren werden ausgestellt sowie Berichte über das Theater und Familienporträts. Das Motto des Hotels ist definitiv Kultur.
Schon beim Eintreten in die Eingangshalle sieht man Balletttänzer:innen auf einem Bildschirm tanzen. Dahinter steckt ein besonderes Projekt, wie uns Eigentümerin und Geschäftsführerin Sonja Wimmer erzählt. Künstler Luis Casanova Sorolla aus Peru studierte an der Angewandten in Wien, sein Abschlussprojekt Signapura wird hier im 9. Bezirk seit Jahren ausgestellt.
Auf dem großen Kunstwerk tanzten zehn Solist:innen auf einem Papier, das mit Pigmentfarben bestreut wurde. Heraus kam ein einzigartiges Werk, das die vergänglichen Tänze für die Ewigkeit festhielt – und dieses Werk ziert die Wände des The Harmonie sowohl in den Gängen als auch in den Zimmern.
Wie schaffen Sie es, Tradition und Moderne zu kombinieren?
Sonja Wimmer: Wir hatten 2013 eine Generalsanierung, haben aber viele Originale behalten. Die Vertäfelung im
Frühstücksraum aus Kirschholz wurde übermalt, Tischchen im Salon sind schon seit Jahrzehnten hier im Hotel. Bei der Übergabe meiner Eltern war ich sehr dankbar für das, was sie aufgebaut haben.
Ich hatte aber auch eine Vision, wie das Unternehmen langfristig erfolgreich sein kann. Nichts kann morgen anders sein, das sind Prozesse, die ich angestoßen habe. Wir haben mittlerweile auch eine Vorreiterrolle bezüglich
Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Inwiefern setzen Sie auf Nachhaltigkeit?
Bei uns ist in der Gastronomie alles regional und biologisch. Wir orientieren uns außerdem an den ESG-Kriterien, haben einige Zertifizierungen und planen gerade eine Photovoltaikanlage. Wenn man sich als Gast für den Umweltschutz engagieren möchte, kann man an einem Tag auf die Wäsche von Bettbezügen und Handtüchern verzichten und stattdessen über uns mit den Einsparungen einen Baum pflanzen lassen.
Auf welche Herausforderungen sind Sie in der Vergangenheit gestoßen?
Vor einigen Jahren war ich professionelle Cross-Triathlon-Teilnehmerin. Was man mir nachgesagt hat, war, dass ich kein Talent hatte, aber ich eine harte Arbeiterin war. Als ich gesehen habe, dass ich durch harte Arbeit weiterkomme, hat mich das sehr angespornt.
Ich hatte bei den Wettkämpfen viele Hürden zu bewältigen, so wie im Alltag auch. Beruflich war meine letzte große Herausforderung, als meine Tochter auf die Welt kam. Für mich war klar, dass ich eine Familie und Unternehmerin bleiben möchte. Das hat Umstrukturierungen gebraucht.
Was macht das Servitenviertel für Sie aus?
Das französische Flair. In dem Grätzel kann man Wien abseits der Tourist:innen erleben, und die Märkte und Geschäfte in der Umgebung sind sehr authentisch.
Was ist Ihr Lieblingsplatz hier im Viertel?
Ein Spaziergang durch die Servitengasse mit der Servitenkirche, das ist einfach einzigartig.
Haben Sie einen Geheimtipp?
Der jüdische Friedhof im Altersheim. Ich weiß, es ist eine Hürde, dass man da hineingeht, weil er nicht angeschrieben ist. Er ist etwas ganz Besonderes. Früher war hier auch das jüdische Viertel, und es kommen heute noch viele Menschen, um zu sehen, wo ihre Verwandten damals gelebt haben.
Im Grätzel gibt es auch viele Erinnerungen an diese schrecklichen Geschehnisse, damit wir sie nicht vergessen. Das berührt mich und finde ich sehr wichtig.
Über die Redakteurin
Lana Schneider ist als Head of Digital ständig auf der Suche nach neuen Trends in den Bereichen Popkultur, Mode, Beauty, Film und Lifestyle. Sie liebt gute Kaffeehäuser, Plätze mit sonnigen Aussichten und kleine DIY-Projekte fürs Zuhause.
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