© Martin Duschek
Unser Redakteur Martin Duschek besuchte zu Ostern die südspanische Metropole Valencia. Nicht nur kulinarisch präsentiert sich die drittgrößte Stadt der iberischen Halbinsel als tolles Reiseziel. Wir verraten die besten Tipps für deine nächste Valencia-Reise.
Guillermo Pérez und Rubén Navarro haben im Vorjahr ihren Michelin-Stern zurückgelegt. Die Chefköche nervte das Chichi rund um den Gourmetkult, der mit der begehrten Auszeichnung einhergeht. Seither kochen sie in ihrem Restaurant Blanqueries in Carmen, dem nordwestlichen Altstadtviertel Valencias, wieder wie es ihnen gefällt und ihren Gästen schmeckt. Wir zählen dazu.
Für gerade 30 Euro verwöhnen die Chefs unsere Gaumen mit mediterraner Küche in köstlichen fünf Gängen. „Carmen ist das Rückzugsgebiet der Valencianer in ihrer Altstadt“, erzählt Fremdenführerin Belén Ruiz. In den vielen Bars, Wermuttheken und Cervecerías trifft man nur vereinzelt Tourist:innen, die dafür wenige Straßenzüge weiter rund um die mächtige Kathedrale, den großartigen Rathausplatz und den Gebäuden des Mercado Central die Straßen verstopfen.
Prächtige Bauten und riesige Gärten.
Zu Ostern zieht es Gäste aus aller Welt in die frühere Hauptstadt des einstigen Königreichs Valencia. Kein Wunder, die Geschichte von den Römern über die Araber, die Zeit als eigenes Reich bis zum Anschluss an die spanische Krone hinterließ hier prächtige Bauten und eine architektonische Kulisse, deren verschwenderischer Jugendstil den Vergleich mit Paris oder Prag nicht zu scheuen braucht. Doch auch im 20. und 21. Jahrhundert blieb der Fortschritt in Valencia nicht stehen. Nachdem die Stadt immer wieder von ihrem Fluss Turia schlimm unter Wasser gesetzt wurde, verlegten die Ingenieur:innen Ende der 1950er-Jahre kurzerhand seinen Lauf.
Bürger:innenproteste erstickten den Plan, im nun leeren Flussbett eine Stadtautobahn anzulegen. Stattdessen entstand mit dem „Jardín del Turia“ ein neun Kilometer langer Stadtpark, der als Grüne Lunge den Innenstadtbereich u-förmig umschließt und intensiv von Radfahrer:innen, Jogger:innen oder einfach Spaziergänger:innen genützt wird. Noch heute wird das alte Flussbett von 18 großen Brücken überspannt.
Kunst und Wissenschaft.
Am südwestlichen Ende dieser Grünzone taucht man als Besucher:in in den jüngsten Geniestreich der Stadtväter ein: in die „Ciudad de las Artes y las Ciencias“. Die Stadt der Künste und der Wissenschaft entwarf im Wesentlichen der spanisch-schweizerische Architekt Santiago Calatrava.
Die Gebäude muten an, wie direkt aus einem Sience-Fiction-Film entsprungen. Das nördliche, das „Palau de les Arts Reina Sofía“ gilt mit seinen 14 Stockwerken und 230 Metern Länge vom umbauten Volumen her als das größte Opern- und Konzertgebäude der Welt. Seine geschwungene Form erinnert ein wenig an einen Fischkopf. Daneben glotzt mit dem „L’Hemisfèric“ ein gigantisches Glasauge aus den umgebenden künstlichen Wasserflächen. Es beherbergt ein IMAX-3D-Kino und ein Planetarium.
Noch gigantischer erscheint das anschließende „Museu de les Ciències Príncep Felip“ – das Wissenschaftsmuseum. Der 220 Meter lange, 80 Meter breite und 55 Meter hohe Bau mimt das Skelett eines Fabelwesens, gegen das sich die größten Dinosaurier wie Ameisen ausmachen würden. Die Ausstellungen im Inneren widmen sich in erster Linie der Raumfahrt und der Genetik. Die anschließende Schrägseilbrücke weist mit ihrem 125 Meter hohen Masten den höchsten Punkt Valencias aus.
Doch die Stadt der Künste und der Wissenschaft ist damit noch nicht am Ende: Es folgt die „L’Àgora“, ein multifunktionales Veranstaltungsgebäude, das in der Form einer geschlossenen Muschel 70 Meter in den Himmel ragt, und das „L’Oceanogràfic“, mit 110.000 Quadratmetern Fläche Europas größtes Aquarium, weltweit die Nummer drei. Für die Sehenswürdigkeiten gibt es Kombitickets, wobei ein Tag zur Besichtigung aller unmöglich ausreicht.
Europas grüne Essmeile.
Im Januar 2024 übernahm Valencia von der estnischen Hauptstadt Tallin offiziell den Titel „Green capital of Europe“. Damit würdigte die Europäische Union Valencias stetes Streben nach nachhaltigem Tourismus, Klimaneutralität sowie einem fairen und integrativen grünen Wandel. So leben heute 97,5 Prozent der Einwohner:innen näher als 300 Meter an einer städtischen Grünanlage.
Als unseren kleinen Beitrag wählen wir die städtischen Drahtesel „Valenbisi“, die praktisch an jeder größeren Kreuzung einfach geliehen und zurückgegeben werden können. Das Radwegenetz der Stadt umfasst mehr als 200 Kilometer, wobei diese meist eigene, befestigte Spuren und nicht lediglich aufgemalte Markierungen sind. Mit dem Valenbisi lassen sich die Stadtteile Russafa und L’Eixample leicht erreichen. Beide glänzen durch ihre lebhafte Lokalszene: argentinisch, mexikanisch, kubanisch – in Valencia können sich Gäste durch die halbe Welt essen und daran erinnern, dass Spanisch die zweithäufigste Muttersprache des Planeten ist.
Als Qualitätskriterium gelten übrigens eher Sonnen als Sterne – erstere werden Jahr für Jahr vom spanischen Erdöl-Konzern Repsol in seinem Restaurantführer vergeben. Die Kriterien dabei sind das „Gesamterlebnis des Gastes, die Verwendung von regionalen Produkten oder die technischen Fähigkeiten des Personals“. Neun Gourmettempel verfügen aktuell über zwei der begehrten Sonnen, darunter auch das „Riff“ des deutschen Spitzenkochs Bernd Knöller im Herzen von L’Eixample.
Valencia-Reise voller Genuss.
Übrigens wurde auch Spaniens Nationalgericht, die Paella, in Valencia erfunden. Eine original valencianische Paella enthält Hühnchen, Kaninchen und Schnecken und galt als „Arme-Leute-Mahlzeit“. Der für Geschmack und Flüssigkeiten besonders aufnahmefähige Reis stammt aus Albufera, einer Süßwasserlagune südlich der Stadt, wo seit mehr als tausend Jahren das Korn angebaut wird.
Ein Sprichwort sagt: „Die Menschen in Valencia essen sechs Mal pro Woche Reis – sonntags essen sie Paella.“ Nach köstlichem Nachtgericht – vor 21 Uhr wird kaum gespeist – zieht es die Nachtschwärmer:innen gerne nach Extramures, den Stadtteil westlich der Altstadt. Hier findet sich für jeden Musikgeschmack die passende Taberna für „Spanische Nächte“, wie in deutschen Schlagern sehnsüchtig besungen.
Der Heilige Gral.
Durch die beiden trutzigen Türme des „Portal de Quart“ betreten wir wieder die Altstadt. Vieles gilt es noch, durch das Gewirr der verwinkelten Gassen zu entdecken und erkunden. Zum Beispiel die prächtigen Hallen der Seidenbörse, einer der bedeutendsten gotischen Zivilbauten und UNESCO-Welterbe seit 1996.
Oder die Plaza Redonda, ein 1840 errichteter, kreisrunder Platz mit vielen Kunsthandwerksläden und Cafés. Oder den Palast des „Marqués de Dos Aguas“, dessen opulentes Eingangsportal die Betrachter:innen schier erschlägt. Das einstige aristokratische Nobelquartier gehört heute dem Staat und beherbergt mit dem Keramikmuseum eine der schönsten Kunstsammlungen Spaniens.
Zum touristischen Pflichtprogramm zählt natürlich der Besuch der mächtigen Kathedrale in deren Seitenkapelle in weihrauchgeschwängerter Luft der möglicherweise echte Heilige Gral bestaunt und angebetet werden kann.
Urlaubsparadies.
Erfrischung und Erholung vom Sightseeing und die vielleicht schönste Aussicht über die Stadt bietet das Sky Rooftop Atenea am Rathausplatz. Die schicke Lounge am Dach des Ateneo-Gebäudes zählt zu den angesagtesten Adressen Valencias.
Schon um die Mittagszeit sorgt ein DJ für chillige Untermalung und das „Agua de València“, der städtische Cocktail mit Cava, Wodka und Gin wird hier selbstverständlich auf Basis frisch gepresster Orangen zubereitet. Wer zum Chillen Sand und Meer bevorzugt, wird in Valencia ebenfalls zu hundert Prozent glücklich: Die drei superbreiten Stadtstrände Playa de las Arenas, Playa de la Malvarrosa und Playa de la Patacona schließen direkt ans Stadtgebiet an und erstrecken sich über 3,5 Kilometer Länge.
Feinster goldener Sand, breite, palmengesäumte Promenaden, Cafés, Bars und ein azurblaues, flach abfallendes Meer sorgen für ein Urlaubsfeeling par excellence.
Informationen zur Anreise:
- Direktflüge ab Wien, München, Frankfurt oder Zürich
- Infos: www.spain.info, www.visitvalencia.com