Künstliche Intelligenz Symbolbild

Künstliche Intelligenz: Fluch oder Segen?

Warum es wichtig ist, sich mit KI auseinanderzusetzen

6 Min.

© Cash Macanaya / Unsplash

Nutzt du eigentlich schon Künstliche Intelligenz oder zählst du noch zu den Skeptikerinnen und Skeptikern? Wir haben mit zwei Expertinnen darüber gesprochen, warum es wichtig ist, sich mit KI auseinanderzusetzen.

Künstliche Intelligenz: Zwei Expertinnen über die Potenziale & Chancen

ChatGPT, Chatbots, KI-generierte Suchergebnisse – die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasch weiter und ist in vielen Bereichen bereits täglich im Einsatz. Und sie polarisiert. Während einige die Technologie als revolutionär und zukunftsweisend betrachten, sehen andere in ihr eine Bedrohung für Arbeitsplätze und das gesellschaftliche Miteinander. Doch was steckt wirklich hinter dieser Angst? Wo liegt das Potenzial der künstlichen Intelligenz, wie setzen wir sie richtig ein, und warum sollten wir uns alle in Zukunft etwas mehr mit KI beschäftigen? Wir haben mit Florentina Zach, der ersten TÜV-zertifizierten KI-Beraterin Österreichs und ersten Frau in Niederösterreich, die eine KI-Firma (Institute for AI) gegründet hat, sowie Kerstin Oberzaucher, Gründerin der Social-Media-Agentur digital.handwerk, die sich mit ihrer neuen Initiative „Content.KI.tchen“ auf die Produktion von KI-gestützten Videos spezialisiert hat, über die Zukunft der künstlichen Intelligenz gesprochen.  

KI-Nutzung in Österreich

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Trend mehr, sondern in vielen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft bereits Alltag. Das zeigt unter anderem auch der aktuelle AI Readiness Report des Handelsverbands und Google Austria. Demnach nutzen bereits 68 Prozent der befragten heimischen Betriebe KI unter anderem für Prozesse wie Texterstellung oder Übersetzungen. Etwas anders sieht es mit der allgemeinen Bevölkerung aus: Laut einer Studie von Statistik Austria im Auftrag der Bundesregierung zur Nutzung von KI in österreichischen Haushalten haben aktuell 73 Prozent der Bevölkerung „wenig bis gar kein Wissen zu KI“, 46 Prozent sehen die zunehmende Nutzung von KI „eher negativ bis sehr negativ“ und nur 43 Prozent bewerten die Künstliche Intelligenz als nützlich für ihren Beruf. Ergebnisse, die auch die Regierung aufhorchen lassen.

So sieht Alexander Pröll, Staatssekretär für Digitalisierung, darin etwa die Notwendigkeit, eine „Digitale Kompetenzoffensive“ zu starten und bis Ende des Jahres einen „Aktionsplan KI-Kompetenzen Austria“ zu entwickeln. Und auch die EU gibt mit dem seit August 2024 in Kraft getretenen „AI Act“ vor, dass Unternehmen, die mit Künstlicher Intelligenz arbeiten, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit der neuen Technologie schulen und weiterbilden müssen. Dass es an der Zeit ist, dem Thema KI positiv gegenüberzustehen und sich eingehend mit der neuen Technologie zu beschäftigen, sieht auch KI-Expertin Florentina Zach so. Genau hier setzt die TÜV-zertifizierte KI-Pionierin auch mit ihrem Unternehmen an und bietet unter anderem Workshops und maßgeschneiderte KI-Weiterbildungen an. Ihr Ziel: über die Möglichkeiten und Vorteile von Künstlicher Intelligenz aufklären und das Wissen darüber ausbauen und vertiefen. Und auch Kerstin Oberzaucher will dabei helfen, die Scheu vor der neuen Technologie abzulegen und ihr volles Potenzial auszuschöpfen. 

Kerstin Oberzaucher, Florentina Zach
© Ramona Hackl / © Karin Ahamer Photography

Potenziale entdecken

Insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht kann der Einsatz von Künstlicher Intelligenz enorme Chancen mit sich bringen. Denn KI-Systeme können Unternehmen dabei helfen, ihre Effizienz und ihre Produktivität wesentlich zu steigern. Laut Digital Austria könnte der Einsatz von Generativer KI in Österreich das Bruttoinlandsprodukt bis zum Jahr 2030 um bis zu 25 Milliarden Euro erhöhen. Umso wichtiger scheint es also, sich mit KI auseinanderzusetzen, sich auszukennen und ihre Potenziale zu nutzen. Dem stimmt auch Florentina Zach zu: „KI ist für mich kein Hype, sondern eine Schlüsseltechnologie unserer Zeit. Sie verändert Arbeitswelt, Bildung und Gesellschaft – und ich möchte, dass Menschen lernen, diese Entwicklung aktiv zu gestalten, statt passiv zuzusehen. Für mich ist KI ein Werkzeug zur Selbstermächtigung.“

Wer die anfängliche Unsicherheit gegenüber der neuen Technologie überwindet und erkennt, dass KI als Ergänzung und nicht als Ersatz gesehen werden sollte, kann ihr volles Potenzial ausschöpfen, indem verschiedenste Arbeitsprozesse optimiert und dadurch beispielsweise mehr Ressourcen für andere Aufgaben freigeschaufelt werden. Auch Kerstin Oberzaucher nutzt KI bei der Erstellung von kreativen Inhalten mit diesem Ansatz: „Für mich gilt immer: Story first, AI second.“ Die Expertin betont weiter: „KI ersetzt kein menschliches Gespür, sondern unterstützt und verstärkt es“ – dennoch alles unter einem kritischen Blick und im rechtlichen Rahmen.

Bewusster Umgang mit Künstlicher Intelligenz

Wer KI nutzt, sollte sich durchaus im Klaren darüber sein, dass ein bewusster Zugang zu der neuen Technologie unbedingt notwendig ist. Denn: auch die Künstliche Intelligenz hat nicht immer recht. „Gefahren sind zum Beispiel fehlerhafte Informationen, Bias in den Daten oder der Missbrauch für Desinformation. Dagegen helfen klare Regeln (z.B. AI Act), Schulungen der Nutzer und Nutzerinnen und transparente Standards für Qualität“, betont Florentina Zach und fügt hinzu: „KI ist ein Werkzeug, das jedem zugutekommen kann – wenn man es richtig einsetzt!“ Wie das aussieht? „Reflektiert, rechtssicher und verantwortungsvoll. KI soll den Menschen unterstützen, nicht ersetzen. Wer KI bewusst nutzt – mit klaren Zielen, sauberem Datenumgang und kreativem Mindset – kann enorm profitieren.“

In diesem Zusammenhang spricht die Expertin von drei KI-Fähigkeiten, die besonders wichtig sind: Prompting-Kompetenz, kritisches Denken und Anwendungsnähe, also KI in den eigenen Alltag und die eigene Branche zu übersetzen. Beide Expertinnen sind sich einig, dass KI nicht als Bedrohung, sondern Ergänzung gesehen werden sollte. So betont Kerstin Oberzaucher etwa: „Ich verstehe die Sorge, weil KI neu und ungewohnt ist. Aber ich glaube, wir sollten sie im größeren Kontext sehen. Jede große technologische Entwicklung der Menschheitsgeschichte – vom Buchdruck über die Industrialisierung bis hin zum Internet – hat anfangs Angst ausgelöst. Gleichzeitig haben diese Schritte unser Leben langfristig enorm bereichert.“ Und auch Florentina Zach ist sich sicher: „Skepsis entsteht oft aus Unwissen oder Angst. KI wirkt wie eine ‚Black Box‘. Wenn wir sie aber entmystifizieren und zeigen, dass KI erlernbar und verständlich ist, verliert sie ihren Schrecken.“

Keine Zukunft ohne KI

Dass KI nicht mehr verschwinden wird und in Zukunft womöglich einen noch größeren Stellenwert in unserer Gesellschaft und Wirtschaft einnehmen wird, davon sind sowohl Florentina Zach als auch Kerstin Oberzaucher überzeugt. „Wer jetzt die Grundlagen versteht, wird in Zukunft unabhängiger, produktiver und kreativer arbeiten können. Wer es ignoriert, wird abgehängt“, betont Zach und fügt hinzu: „Ja, Berufe werden sich verändern. Aber neue Jobs entstehen. Wer sich weiterbildet, wird nicht verdrängt, sondern gestärkt.“ Auch Oberzaucher ist sich sicher, dass die Technologie bleibt: „KI wird so selbstverständlich wie Photoshop oder Videobearbeitung heute. Der Unterschied wird nicht mehr sein, ob man KI nutzt, sondern wie man es macht.“

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Was ist der AI ACT

Der AI Act ist die KI-Verordnung der EU, die Regeln zum Umgang mit künstlicher Intelligenz vorgibt, auf die sich das EU-Parlament und der Rat im Frühjahr 2024 nach rund drei Verhandlungsjahren geeinigt haben. Es ist der weltweit erste Rechtsrahmen für KI-Systeme und Modelle, mit dem Ziel, die Risiken im Umgang mit KI zu minimieren. Seit 2. Februar 2025 gilt im Rahmen des AI Acts unter anderem, dass Mitarbeiter im Umgang mit den im Unternehmen eingesetzten KISystemen nachweislich geschult werden müssen. Nähere Informationen zum AI Act findet ihr auf www.wko.at.

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