Symbolbild Job Hugging: Weibliche Angestellte ist an ihren Schreibtisch gekettet

Job Hugging: Wenn Angst das Karrieresteuer übernimmt

Warum so viele Menschen in Jobs bleiben, die sie längst hinter sich lassen sollten.

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In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, KI-Revolution und stagnierenden Stellenmärkten erlebt ein neues Phänomen Auftrieb: Job Hugging. Immer mehr Menschen klammern sich an den Job, den sie gerade haben – nicht unbedingt aus Liebe, sondern aus Furcht vor Veränderung. Aber was steckt hinter Job Hugging wirklich, welche Chancen und Risiken sind damit verbunden – und wie bricht man aus dieser stagnierenden Komfortzone aus?

Was ist Job Hugging? – Definition & Hintergrund

Der Begriff Job Hugging beschreibt das Phänomen, dass Mitarbeiter trotz Unzufriedenheit, eingeschränkter Entwicklungschancen oder attraktiven Alternativen bewusst in ihren aktuellen Positionen verbleiben – meist aus Sicherheitsbedürfnis, Angst vor dem unbekannten Markt oder dem Wunsch, Fehler zu vermeiden.

Job Hugging steht im bewussten Gegensatz zu „Job Hopping“, bei dem Menschen häufig zwischen Jobs wechseln, um gezielt Karrierevorteile, Weiterbildung oder bessere Vergütung zu erzielen.

In der aktuellen Arbeitswelt wird Job Hugging verstärkt durch äußere Faktoren befeuert – etwa durch wirtschaftliche Unsicherheiten, Ängste vor KI-Automatisierung und einen reduzierten Arbeitsmarkt.

Warum Mitarbeiter zu Job Huggern werden

Symbolbild für Kündigunsangst: Weibliche Angestellte wird mit Säge ausgeschnitten
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1. Wirtschaftliche Unsicherheit & schwacher Arbeitsmarkt

Werden neue Stellen seltener ausgeschrieben und ist das Risiko für Fehlschläge hoch, wirkt der Verbleib im Bekannten sicherer. In der Ära von KI und sich verändernden Geschäftsmodellen verstärkt sich dieses Verhalten.

2. Angst vor dem Neuanfang

Neues Terrain, unbekannte Aufgaben, neue Kollegen – all das wirkt einschüchternd. Manche Menschen vermeiden diese Herausforderung lieber, als sich neu orientieren zu müssen.

3. Komfort & Gewohnheiten

Routine gibt Sicherheit. Menschen wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie in ihrem aktuellen Job bleiben. Diese Vertrautheit kann eine psychologische Ankerfunktion übernehmen.

4. Fehlende Perspektiven und Entwicklungsblockade

Wenn in der bestehenden Rolle wenig Wachstum oder Weiterentwicklung möglich sind, bleibt oftmals nur das Festhalten – aus Mangel an Alternativen im direkten Umfeld. 

Vorteile & Risiken von Job Hugging

Vorteile von Job Hugging

  • Stabilität und Kontinuität: Besonders in turbulenten Zeiten kann Verbleib im aktuellen Job finanzielle und psychische Sicherheit bieten.
  • Tiefe Fachkompetenz: Wer lange in einer Rolle bleibt, baut oft Expertise und Institutionelles Wissen auf, das für das Unternehmen wertvoll ist.
  • Beziehungsnetz im Unternehmen: Langjährige Mitarbeiter*innen kennen Strukturen, Kolleg*innen, Vorhaben – das kann bei internen Chancen helfen.

Risiken & Nachteile von Job Hugging

  • Gehaltliche Stagnation: Wer nicht aktiv wechselt, verpasst oft marktgerechte Gehaltsanpassungen.
  • Stillstand in Kompetenzen: Ohne neue Herausforderungen verlernt man womöglich Innovation, Flexibilität oder Expertise in neuen Feldern.
  • Isolation vom Markt: Wer den Markt nicht beobachtet oder Kontakte vernachlässigt, verliert Orientierung.
  • Demotivation und Burnout: Wenn man innerlich mit dem Job hadert, aber nicht geht, kann Frust überhandnehmen.

Anzeichen, dass du Job Hugging betreibst

  • Du wirst aktiv auf passende Jobangebote angesprochen, aber lehnst aus Angst oft ab.
  • Dein Skill-Set hat sich jahrelang kaum erweitert.
  • Du verfolgst kaum Gehaltsbenchmarks oder Entwicklungen in deiner Branche.
  • Du bist innerlich unzufrieden, aber sagst dir: „Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt“.
  • Der Gedanke ans Jobwechseln erzeugt mehr Stress als Begeisterung.
Symbolbild Job Hugging: Weibliche Angestellte sitzt überfordert an ihrem Arbeitsplatz
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Strategien zum gezielten Ausstieg aus Job Hugging

1. Bewusstes Innehalten & Analyse

Stelle dir Fragen: Bleibe ich aus Angst oder aus sinnvollen Gründen? Was würde ich verlieren – und gewinnen?

2. Weiterbildung & Skills aufbauen

Nutze die aktuelle Phase, um gezielt neue Kompetenzen zu erwerben – das vermittelt Selbstsicherheit für Veränderung.

3. Netzwerk reaktivieren

Verlege deinen Blick auf externe Kontakte, Branchenforen, Netzwerkveranstaltungen. So bekommst du ein Gespür für Marktchancen.

4. Job-Recherche im Hintergrund

Du musst nicht sofort wechseln. Aber laufend Angebote checken, Gespräche führen und Optionen abwägen, bevor du Entscheidungen triffst.

5. Klein beginnen

Ein Nebenprojekt, ein Kurs oder eine Hospitation in einem anderen Bereich kann ein erster Schritt sein.

6. Mentoring & Coaching nutzen

Eine externe Perspektive durch Coach oder Mentor kann helfen, Blockaden zu erkennen und Mut zum Wandel zu finden.

Job Hugging bewusst steuern

Job Hugging ist kein Fehler per se – in bestimmten Lebensphasen oder instabilen Märkten kann es sinnvoll sein. Entscheidend ist, dass du nicht aus Angst verharrst, sondern bewusst abwägst, ob Verbleib Wachstum ermöglicht oder dich langsam ausbremst. Mit strategischem Vorgehen, Marktbeobachtung und gezielter Selbstentwicklung lässt sich ein Ausstieg oder eine bewusste Veränderung gestalten – auch wenn’s am Anfang schwer erscheint.

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