Domiziana: „Meine Shows sollen wie eine Therapiesitzung wirken“
Die Musikerin über ihre neue EP
© Tereza Mundilova
Von der Berliner Clubszene inspiriert, kreiert Domiziana mit „Club Inferno“ einen Sound, der sowohl tiefgründig als auch tanzbar ist.
„Ich will einen Raum schaffen, in dem sich die Leute frei fühlen und am Ende erleichtert nach Hause gehen, weil sie alles loslassen konnten“, sagt Domiziana, wenn sie von ihrer ersten eigenen Solo-Tour spricht. Die Berlinerin hat sich vor zwei Jahren mit ihrer Single „Ohne Benzin“, die in Deutschland und Österreich sogar Platin-Status erreichte und sich wochenlang an der Spitze der Charts hielt, als eine der aufregendsten neuen Stimmen im Musikgeschäft etabliert.
Provokante Looks und freizügige Outfits gehören zu ihrer künstlerischen Identität. Mit ihrer neuen EP „Club Inferno“ setzt sie nun einen klaren Schritt in eine noch selbstbestimmtere Richtung. Zwischen explosiven Hyperpop-Beats und persönlichen, oft düsteren Texten will Domiziana ihrer Musik mehr Tiefe verleihen. Am 11. Dezember bringt sie die Berliner Clubkultur in die Szene Wien. Mit uns hat sie über ihre musikalische Entwicklung, Party-Exzesse und ihre Haltung zu sexistischen Kommentaren gesprochen.
WIENERIN: Deine neue EP trägt den Titel „Club Inferno“. Was steckt hinter dem Namen?
Domiziana: Die Idee dahinter war meine persönliche Reise durch das Nachtleben in Berlin. Clubs können unglaublich bereichernd sein, aber es gibt auch eine starke Kehrseite, wenn der Exzess zu viel wird. „Inferno“ bedeutet auf Italienisch „Hölle“, und ich habe mich von Dantes Göttlicher Komödie inspirieren lassen, in der er durch die Hölle, das Fegefeuer und das Paradies reist. Diese Dualität spiegelt auch meine Erfahrungen wider: Manchmal hat man beim feiern sehr introspektive Momente, in denen man sich selbst und andere besser kennenlernt. Es gibt auch düstere, ehrliche Seiten, die ich beim feiern erlebt habe. Genau darum geht es in „Club Inferno“.
Die Texte deiner Songs scheinen sehr persönlich zu sein. Würdest du sagen, dass deine Musik eine Art Ventil ist, um deine Gefühle und Erfahrungen zu verarbeiten?
Absolut. Ich glaube, es würde für mich kaum Sinn machen, Musik zu machen, wenn ich meine Gefühle und Erlebnisse nicht verarbeiten würde. Popmusik kann cool und distanziert sein, aber für mich ist Kunst dann besonders wertvoll, wenn sie so ehrlich wie möglich ist und nah an den Gefühlen der Person bleibt, die sie macht. Das ist jedenfalls mein Anspruch.
Du hast erwähnt, dass es dich Überwindung gekostet hat, manche Themen anzusprechen. Was hat dir den Mut gegeben, dich diesen Gefühlen zu stellen?
Es hat sich fast von selbst aufgedrängt. Bestimmte Gedanken und Gefühle kamen immer wieder hoch, besonders die düsteren. Sie mussten einfach raus. Der Prozess war nicht immer leicht, aber sehr befreiend. Schwierig ist es eher, die Songs zu performen. Der Song „Victoria“ handelt beispielsweise von einem sehr sensiblen Thema, das emotional viel von mir fordert. Aber genau das ist mir wichtig an meiner Musik: echte, ehrliche Gefühle zu vermitteln.
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Mehr InformationenVisuelle Ästhetik spielt in deiner Kunst eine zentrale Rolle. Du zeigst dich selbstbewusst und freizügig. Leider wird das immer wieder als Einladung für sexistische Kommentare oder übergriffiges Verhalten missverstanden. Wie gehst du mit solchen Reaktionen um?
Ich spreche darüber und lass es in meine Kunst einfließen. Mittlerweile thematisiere ich das auch in Interviews und auf Social Media, denn ich finde es wichtig, meine Plattform dafür zu nutzen. Bei „Ohne Benzin“ war es aufgrund meines freizügigen Latex-Looks bereits ein Thema. Ich will mich selbst schützen und gleichzeitig ein Sprachrohr sein – für alle, die sich freizügig kleiden und trotzdem klare Grenzen setzen wollen. Dadurch ist meine Musik von Grund auf politisch, was ich als sehr bereichernd empfinde.
Deine Fans feiern dich dafür und bewundern deinen Mut, dich auszuleben. Was bedeutet es dir, durch deine Kunst eine Art Safe Space für sie zu schaffen?
Das bedeutet mir alles. Wirklich. Es ist mein größter Wunsch, dass die Tour ein Safe Space wird. Das wird das erste Mal sein, dass das Publikum wirklich nur wegen mir da ist – für mich und alle, die Teil der Show sind. Meine Priorität ist es, einen Raum zu schaffen, in dem sich die Leute frei fühlen können. Sie sollen feiern können, aber auch Platz für Traurigkeit und Zugehörigkeit finden. Ich wünsche mir, dass die Show fast wie eine Therapiesitzung wirkt und die Leute am Ende erleichtert nach Hause gehen, weil sie alles loslassen konnten.
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Mehr InformationenMit deiner ersten eigenen Solo-Tour machst du am 11. Dezember auch Halt in Wien. Kannst du schon was über die Show verraten?
Wien wird etwas ganz Besonderes. Es ist das erste Mal, dass ich viele der neuen Songs live spiele, und auch bekannte Tracks werde ich in neuer Form performen. Die Fans werden mich auf eine Art erleben, wie sie mich noch nie zuvor gesehen haben. Die Show ist wie eine Mischung aus Rave und Theater – eine Reise durch eine typische Domiziana-Nacht. Man erlebt, wie es ist, beim Feiern die Kontrolle zu verlieren, sich zu verlieben, das Herz gebrochen zu bekommen und dann wieder aufzustehen. Es wird intensiv und einzigartig.
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MEHR ÜBER DIE REDAKTEURIN:
Als Redakteurin der WIENERIN erkundet Laura Altenhofer gerne die neuesten Hotspots der Stadt. Besonders angetan hat es ihr jedoch die vielfältige Musikszene Wiens. Ob intime Clubkonzerte oder große Festivalbühnen – man findet sie meist dort, wo die Musik spielt.