Berichterstattung in den Medien kann Gewalt gegen Frauen sichtbar machen - und beeinflusst, wie die Gesellschaft diese Gewalt wahrnimmt. Eine wichtige Aufgabe, der Medien oft nicht gerecht werden. #verharmlosungsradar sammelt nun problematische und verharmlosende Artikel und will so ein Umdenken in der Medienlandschaft anregen.
Jede fünfte Frau erlebt Gewalt, jede dritte erfährt eine Form sexualisierter Belästigung. In den letzten drei Jahren starben 132 Frauen durch männliche Gewalt. Gewalt gegen Frauen ist gelebter Alltag. Wie die Öffentlichkeit diese Gewalt wahrnimmt, wird maßgeblich von der Berichterstattung geprägt und beeinflusst.
Wie man über Gewalt gegen Frauen berichten soll
Über systematische Gewalt gegen Frauen kann und muss berichtet werden. Oft ist es für Betroffene der notwendige Auslöser, um Hilfe zu suchen. Beratungsstellen melden nach Medienberichten regelmäßig einen Anstieg der Anrufe. Nur ist in der Berichterstattung das "Wie" entscheidend. Statt aus der Sicht der Täter zu argumentieren, statt über vermeintliche Motive zu spekulieren und Betroffenen so (wenn auch ungewollt) eine Mitschuld an der ihnen zugefügten Gewalt zu geben oder die erlebte Gewalt zu verharmlosen, müssen Medien sich dem Opferschutz verschreiben, Orientierung bieten und Hilfsmöglichkeiten aufzeigen. Dazu gibt es mehrere Leitfäden von Gewaltschutzexpert*innen, mit Hilfe derer Medien einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Gewalt leisten könnten. In vielen Redaktionen ist das aber noch nicht angekommen.
Gemeinsam gegen problematische Berichterstattung
Die Kampagnenorganisation und Petitionsplattform #aufstehn hat nun den #verharmlosungsradar gestartet. Auf der Website werden problematische Medienartikel gesammelt, Leser*innen könnten Artikel einreichen und die betroffenen Redaktionen direkt kontaktieren.
"Eine Vergewaltigung ist keine 'Sex-Tat', ein Frauenmord ist kein 'verhängnisvoller Liebesbeweis', kein 'Beziehungsdrama' oder 'Familientragödie' und 'Corona-Panik' ist kein Grund, jemanden umzubringen", so die Initiator*innen. "Wir fordern deshalb ein Umdenken in den Redaktionen, weg von Sensations-Reportagen, hin zu verantwortungsvoller und sachlicher Berichterstattung." Die Hoffnung: Wenden sich genug Menschen an die Redaktionen, könnte sich langfristig ein Umdenken in der Medienberichterstattung einstellen.

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