"Was hattest du an?" ist keine Frage, die man Missbrauchsopfern stellen sollte. Fotografin Katherine Cambareri hat es trotzdem getan, und zeigt damit, dass die Kleidung eines Opfers wirklich nichts zur Sache tut.

Wenn eine Frau sexuell missbraucht wird, werden ihre Grenzen überschritten. Ihr Körper, ihre Psyche und ihr Selbstwertgefühl können Schaden nehmen. Schuld trägt ausnahmslos immer der/die TäterIn.
Die Frage "Was hattest du an?" schiebt diese Schuld dem Opfer in die Schuhe. Trotzdem wird sie immer wieder gestellt: Von FreundInnen, Familie, und sogar der Polizei. Diese Form von Täter-Opfer-Umkehr hat die Fotografin Katherine Cambareri interessiert. In ihrer Fotoreihe "Well, what were you wearing?" zeigt sie Kleidungsstücke, die Opfer von sexuellem Missbrauch während des Übergriffs getragen haben.

Inspiriert wurde sie durch das Buch Missoula von Jon Krakauer: "Dieses Buch hat mir wirklich die Augen geöffnet bezüglich Täter-Opfer-Umkehr und den Fragen, die Opfern gestellt werden. Wie etwa, ob sie getrunken haben oder was sie getragen haben, als der Übergriff passierte."

"Fragen wie diese beschützen den Angreifer statt dem Opfer. Ich finde es idiotisch dass Überlebende beschuldigt werden, bevor sie überhaupt ihre Geschichte erzählen konnten. Ich wollte etwas machen, um zu beweisen, wie unnötig diese Täter-Opfer-umkehrenden Fragen sind", sagte sie der Huffington Post.

Über Social Media hat sie Opfer sexueller Belästigung gefunden, die bereit waren, ihre Kleidung herzuzeigen. Cambareri war bewusst, dass viele Frauen sich ihre Erlebnisse nicht wieder in Erinnerung rufen wollen würden, doch sei es für die Teilnehmenden ermächtigend gewesen.

"Ich habe das Gefühl, ich habe eine spezielle Bindung zu allen Freiwilligen. Durch ihre Teilnahme haben sie mir die Tatsache, dass sie sexuell missbraucht wurden, anvertraut. Alle, die mitgemacht haben, sind Bekannte von mir. Das zeigt, wie groß dieses Problem ist. [...] Wir müssen aufhören, sexuelle Belästigung zu stigmatisieren", meint Cambareri bei Break the Cycle.

"Ich hoffe, dass Leute sich unwohl fühlen, wenn sie die Bilder ansehen. Ich will, dass sie über Täter-Opfer-Umkehr nachdenken, und darüber, dass 'Was hattest du an?' keine gültige Frage ist. Opfer fordern nie heraus, sexuell belästigt zu werden. Sexueller Missbrauch passiert, weil eine Person sich dazu entscheidet, eine andere Person zu missbrauchen - und aus keinem anderen Grund."









Mehr Fotos von Katherine Cambareri finden Sie auf ihrer Website. Wer selbst bei dem Projekt mitmachen möchte, kann sich hier an die Fotografin wenden.