Es gibt sie wirklich. Brangelina im Burgenland, TomKat in Tirol. Oder ein anderes Paar mit einem schwachsinnigen Namenskürzel, das symbolisieren soll: Wir sind so toll, weil wir eins sind! Vielleicht tragen sie ähnliche Klamotten. Vielleicht beenden sie gegenseitig ihre angefangenen Sätze und sprechen immer von „Wir". Und vermutlich gehen sie damit allen auf die Nerven. Weil Paare, in denen zwei Menschen zu einem verschwimmen, schlimmer sind als jede noch so banale Schlagzeile über Brangelina.
„Man kann keine Einheit erzielen, wenn man sich gegenseitig auf die Füße tritt.“ (Francois Mitterrand)
Es ist völlig normal, wenn man als Paar zueinander wächst. Und es ist auch wunderschön, wenn der Partner einem so vertraut ist wie man selbst. Aber wenn die Eigenständigkeit eines Menschen auf der Strecke bleibt, weil man sich dem Partner zu sehr anpasst, läuft etwas schief. Denn eine Beziehung passiert zwischen zwei Menschen, die zueinander gehören - und nicht zwischen zwei Menschen, die zu einem werden. Klar: Verbringt man viel Zeit mit jemandem, ist es natürlich, dass man sich immer mehr ähnelt. Das ist bei engen Freundinnen auch nicht anders. Man nimmt die Sprache des anderen an, man hat die gleichen Gedanken und Meinungen, man ergänzt sich hervorragend. Aber es ist genauso wichtig, dass man sich Eigenständigkeiten bewahrt, dass man sich mal reibt. Wenn jeder Mensch die gleiche Meinung hätte, würden wir in einer langweiligen Welt leben. Dasselbe gilt für eine Beziehung. Ohne Unterschiede machen Gleichheiten keinen Spaß.
„Unterschiede sind Feinheiten der Gleichheit“ (Unbekannter Verfasser)
„Liebe ist ein Handel, wo beide Parteien gewinnen“ (Georg Christoph Lichtenberg)
Freiheiten, die in den natürlichen Grenzen, die man in einer Beziehung absteckt, wichtig sind. Man ist zwar ein „Wir", aber dieses „Wir" besteht aus „Ich" und „Ich" - und das eigene Ich ist in einer Partnerschaft ebenso wichtig wie das Wir. Wer zu sehr auf den Partner eingeht, wer seine eigenen Interessen nach hinten stellt und Bedürfnisse verschweigt, bleibt irgendwann auf der Strecke. Denn irgendwann fordern die eigenen Befindlichkeiten ihren Tribut. Jeder Mensch ist ausgestattet mit Sehnsüchten und Vorlieben. Wenn diese unterdrückt werden, brechen sie irgendwann hervor - und dann leidet die Partnerschaft. Weil man unbewusst dem Partner die Schuld gibt, dass die eigenen Wünsche nicht ausgelebt werden durften. Umso wichtiger ist es, darüber zu sprechen und Unterschiede zuzulassen. Sich immer klar zu machen, dass man ein Individuum ist und nicht nur der Teil eines Duos. Dass man Gefühle zwar teilt, aber nicht alle Interessen, Meinungen und Werte. Weil in den Unterschieden oft die Gemeinsamkeiten liegen. Und diese nur funktionieren, wenn man zwar eins wird, aber zwei bleibt!