Bei einem Staatsbesuch posieren die serbische Premierministerin Ana Brnabić und der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel mit ihren Lebensgefährt*innen: seinem Ehemann und ihrer Freundin. Warum das kein Meilenstein für LGBTIQ+-Rechte ist, es berechtigte Kritik hagelt, aber man sich trotzdem ein bisschen über Diversität freuen darf.
"Oft scheint der Fortschritt viel zu langsam zu gehen", schreibt der Journalist Benjamin Butterworth zu dem Foto, das er auf Twitter geteilt hat. Und er hat Recht, denn eigentlich ist es nur ein Foto eines Regierungschefs und einer Regierungschefin mit ihren jeweiligen Partner*innen.
Hat man alles schon tausend Mal gesehen, weil das eben bei Treffen zwischen Regierungsspitzen so gemacht wird? Hat man nicht: Neben Xavier Bettel, dem Premierminister von Luxemburg, steht nämlich sein Ehemann. Ana Brnabić, die Premierministerin von Serbien, ist mit ihrer Lebensgefährtin zu sehen. Das Foto ist von einem Staatsbesuch am Sonntag, wo Brettel und Brnabić Serbiens Pläne zum EU-Beitritt diskutierten.
This normal looking photo is an historic first: the gay prime minister of Luxembourg and his husband meeting with the lesbian prime minister of Serbia and her girlfriend.
— Benjamin Butterworth (@benjaminbutter) 10. September 2019
Progress often seems far too slow. But it’s real, and it’s worth celebrating ? pic.twitter.com/yIfv5Kyt0d
Zwei offen homosexuelle Spitzenpolitiker*innen gemeinsam mit ihren Partner*innen auf einem offiziellen Foto - das gab es, wie Butterworth schreibt, noch nie. In der LGBTIQ+-Community auf Twitter sorgte das Foto schnell für Aufsehen.
That’s it I’m moving to Luxembourg ??
— Rich (@Rich53066) 10. September 2019
And the best thing of all?
— Mark Randall ????#FBPE (@MarkGWomble) 11. September 2019
It all looks so relaxed, so friendly, so informal - so unlike our sad, bitter, hateful leadership.
These people shame us.
Thank you, this lifted my spirits no end.
— William Burd #GTTO ??️???? (@willintyne) 10. September 2019
I look forward to the day when this kind of picture is completely boring.
— Will Saletan (@saletan) 11. September 2019
Homosexuelle Politiker*innen sind kein Garant für LGBTQI+-Rechte
Bettel wurde 2013 zum Premierminister und somit zu Luxemburgs erstem und dem weltweit erst dritten, offen homosexuellen Regierungschef. Kurz nachdem seine Regierung die gleichgeschlechtliche Ehe einführte, heirateten er und sein Partner, der Architekt Gauthier Destenay, im Mai 2015.
In Serbien ist die Situation eine andere: In ihrer Antrittsrede im Juni 2017 erklärte Brnabić, sie sei keine "Sprecherin der LGBTIQ+-Community". Sie wolle nicht als "Serbiens lesbische Premierministerin" vermarktet, sondern vielmehr für ihre "Kompetenz, Professionalität und Vertrauenswürdigkeit" anerkannt werden. Das ist ihr gutes Recht, bei heterosexuellen Politiker*innen geht es in der öffentlichen Debatte auch nicht um ihre Sexualität. Allerdings haben sich die Rechte für LGBTIQ+-Personen in Serbien seit Brnabić Amtszeit nicht verbessert. In der Community sorgt das zurecht für Empörung, die sich auch unter dem Foto auf Twitter entlädt.
Hey, can you pls ask her in the name of lgbt+ community in Serbia is she will do anything about civil partnership in her own country? Thank you in advance.
— 29 (@convention29) 8. September 2019
She is one useless PM, she did nothing for the lgbt community in Serbia and in general she did n o t h i n g
— Miloš Savić (@theparanoican) 9. September 2019
Die MenschenrechtsorganisationAmnesty Internationalvermerkt Brnabićs Besuch bei der Belgrade Pride 2017 zwar als "Fortschritt", kritisiert aber die gefährliche Situation für LGBTIQ+-Community in Serbien: "Die Obrigkeiten schafft es nicht, LGBTIQ+-Personen vor Diskriminierung, Bedrohung und physischen Attacken zu schützen."
Der eingangs erwähnte Journalist Butterworth hat Recht: Fortschritt geht oft viel zu langsam. LGBTIQ+-Personen werden immer noch diskriminiert, attackiert und an einem gleichgestellten Leben gehindert. Ein Foto zweier homosexueller Spitzenpolitiker*innen ändert daran nichts. Aber es ist ein sehr kleiner Anfang der Repräsentation. "Es ist echt", wie Butterworth schreibt. "Und es darf gefeiert werden."

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