"Rassismus ist ein Gift, Hass ist ein Gift", erklärt Kanzlerin Angela Merkel angesichts der tragischen Vorfälle von Mittwochabend. In vielen Medien ist lediglich von "fremdenfeindlichen Motiven" die Rede.
Zehn Menschen kamen Polizeiangaben zufolge gestern Abend durch die Schüsse eines 43-jährigen Sportschützen im hessischen Hanau ums Leben. Wie mittlerweile bekannt wurde, verbreitete der Deutsche Hass auf Ausländer*innen sowie Verschwörungstheorien im Netz. Zahlreiche Medien berichten über die grauenvolle Tat, greifen dabei allerdings auf verharmlosende Umschreibungen zurück.
Terroristische Gewalttat
Nach Polizeiangaben griff der 43-jährige Täter Mittwochabend eine Shisha-Bar sowie ein Café an und erschoss dabei neun Menschen. Später sei er tot in seiner Wohnung in Hanau aufgefunden worden. Auch eine zweite Leiche wurde entdeckt. Die Ermittlung geht demnach davon aus, dass der Mann seine 72-jährige Mutter und sich selbst erschossen hat.
Unter den Opfern sind laut Sicherheitsbehörden vor allem Menschen mit Migrationshintergrund. Dass es sich um eine terroristische Gewalttat handelt, liegt nahe. Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilt die Bluttat von Hanau als Hassverbrechen und stellt sie in eine Reihe mit dem Lübcke-Mord, den rechtsextremen NSU-Attentaten sowie dem Synagogenanschlag von Halle. "Rassismus ist ein Gift, Hass ist ein Gift, und schuld an viel zu vielen Verbrechen in diesem Land", erklärt sie.
"Rassismus ist ein Gift. Der Hass ist ein Gift." - Kanzlerin #Merkel zu den Morden von #Hanau: pic.twitter.com/wv7rXOSWRH
— Steffen Seibert (@RegSprecher) February 20, 2020
"Wirrer Einzeltäter“
In etlichen Artikeln liest man jedoch lediglich von einem "wirren Einzeltäter“ oder "vermuteter Fremdenfeindlichkeit“. Online werden die verharmlosenden Umschreibungen nun stark verurteilt.
So schreibt etwa SPD-Politiker Karamba Diaby (der selbst erst vor rund einem Monat mit Morddrohungen konfrontiert war – seit Jahren ist der Bundesabgeordnete Feindbild der rechtsextremen Szene) auf Twitter: "Sprechen wir es aus: Das ist Terror in Hanau. Mehrere Menschen werden ermordet aufgrund ihrer angenommenen Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Ich bin schockiert. In Gedanken bin ich bei den Opfern und ihren Angehörigen.“
Sprechen wir es aus: Das ist #Terror in #Hanau. Mehrere Menschen werden ermordet aufgrund ihrer angenommenen Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Ich bin schockiert. In Gedanken bin ich bei den Opfern und ihren Angehörigen.
— Dr. Karamba Diaby (@KarambaDiaby) February 20, 2020
Auch SPD-Politikerin Sawsan Chebli oder Journalist Mohamed Amjahid verurteilen die Bagatellisierung der Terroraktes:
RASSISMUS. RASSISMUS. RASSISMUS. RASSISMUS. RASSISMUS. RASSISMUS. RASSISMUS. RASSISMUS. RASSISMUS. RASSISMUS.
— Sawsan Chebli (@SawsanChebli) February 20, 2020
Kapiert es endlich und hört auf, um den heissen Brei zu reden, weil es ja eigentlich nicht sein darf in Deutschland. #NieWieder#Hanau
Das Problem heißt Rassismus (nicht Fremdenfeindlichkeit)
— Mohamed Amjahid (@mamjahid) February 20, 2020
Der Täter ist ein Terrorist (kein verwirrter Mann oder Ähnliches)
Es geht hier um weiße Überlegenheitsfantasien (nicht Kritik an Migrationspolitik etc)
Rassistische Strukturen nicht reproduzieren
Warum ist es ein Problem, wenn Taten wie jene in Hanau nicht konkret als rassistische bzw. rechtsextreme Akte bezeichnet werden? Man müsse Rassismus konkret beim Namen nennen und "immer wieder Gedanken aktiv und ganz bewusst herholen, die durch gesellschaftliche Strukturen vielleicht unterdrückt werden. Immer und immer wieder", erklärte uns Dieter Schindlauer, Geschäftsführer des Vereins ZARA (Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit) vergangenes Jahr im Gespräch über internalisierten Rassismus (>>> siehe hier). "Wenn wir das nicht tun, werden wir rassistische Strukturen aufrechterhalten und immer reproduzieren."

Menschen, die asiatisch aussehen, erfahren seit Aufkommen des Coronavirus vermehrt Rassismus. Journalistin Nhi Le hat via Twitter auf die Missstände aufmerksam gemacht. Worauf man sie sperrte.

Im Interview erzählt jener Austauschstudent, der Österreich nach 4 Wochen verlassen hat, wie unser Land von außen wahrgenommen wird.