Zehn Wiener*innen teilen, was Nachhaltigkeit für sie bedeutet und was sie tun, um ein umwelt- und klimafreundlicheres Leben zu führen.

In Sachen Umweltbewusstsein wird von niemandem Perfektion erwartet. Aber man sollte zumindest auf irgendeine Weise Rücksicht auf die Umwelt nehmen. Wir haben mit umweltbewussten Wiener*innen darüber gesprochen, was sie zum Umdenken bewegt hat, was Nachhaltigkeit für sie bedeutet und wie sie diese in ihrem Alltag umsetzen.

Laura Ebenberg
Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?
Sich einfach zu bemühen. Es fällt viel leichter als man glaubt. Jede*r einzelne zählt, jede Kaufentscheidung zählt. Wir retten nicht allein die Welt - das können wir nur zusammen. Wenn wir keine faire Welt für alle schaffen, wird sie uns noch um die Ohren fliegen. Da sind sich die Wissenschaftler mittlerweile einig. Wir haben nur genau JETZT Zeit, um das Ruder rumzureißen. Das bedeutet, unbedingt auf Plastik verzichten, in der Kleidung, der Kosmetik, beim Trinken, bei Möbeln, bei einfach allem. Der ganze Wahnsinn ist sowieso meist krebserregend. Also wenn du es nicht für Mutter Erde machst, mach es für dich und deinen Körper.
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
Ich habe vor 14 Jahren meinen ersten Shop für nachhaltige Mode in der Neubaugasse eröffnet (seit 4 Jahren ist die Reindorfgasse 44, dazu gekommen). Alle Kleidungsstücke werden Bio und fair produziert. Es war mir ein Anliegen, auch beruflich etwas zu tun, meinen Beitrag zu leisten. Und ich denke, dass jede*r, etwas Sinnvolles tun kann, um Natur und uns Menschen zu retten.
Bei nachhaltiger Kleidung setze ich auf 4 Dinge: benutzen, bis die Kleider dir vom Leib fallen. Second Hand kaufen und Tausch Partys veranstalten und wenn man sich dann etwas Neues kauft, dann so Bio und so fair wie möglich. Außerdem einfach nichts bestellen! Das sage ich jetzt nicht nur weil ich Einzelhändlerin bin, sondern weil es unfassbar viel Müll produziert und mit dem Lkw vielleicht sogar noch extra tausende Kilometer über die Autobahn transportiert werden muss. Das ist genau das Gegenteil von Nachhaltigkeit.

Elma Salo
Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?
Nachhaltigkeit heißt hier und jetzt Verantwortung zu übernehmen und die Erde für die kommenden Generationen zu bewahren. Denn die Erde ist nur ein anvertrautes Gut. Sie gehört uns nicht. Ein nachhaltiger Lifestyle und nachhaltiges Wirtschaften sind der Schlüssel für unsere Zukunft.
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
Ich spreche ständig davon und diskutiere gerne mit Freund*innen darüber. Ich bin Nachhaltigkeits-Trainerin und versuche vor allem Jugendliche dafür Thema zu begeistern und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie nachhaltig leben können.
Weiters gehe ich samstags gerne auf den Bauernmarkt, wo ich Obst, Gemüse, Käse und Co kaufe. Die Vielfalt an regionalen und biologischen Produkten fasziniert mich - genauso die Gemüse und Obst-Raritäten, die kein Supermarkt anbietet. Ich tausche mich am Markt auch regelmäßig mit den Produzent*innen aus, das ist mir wichtig und schätze ich sehr.
Was hat dich zum Umdenken bewegt?
Da ich ursprünglich aus der Agrarwissenschaft komme, sehe und spüre ich schon seit Langem, dass es unserem Planeten nicht mehr gut geht. An der Landwirtschaft merkt man das sehr unmittelbar, wenn das Wetter verrücktspielt und sich die Bedingungen für den Anbau innerhalb kürzester Zeit drastisch geändert haben. Deshalb können wir nicht länger auf die Veränderung warten, es muss jetzt etwas passieren!

Lukas Guyer
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
Nachhaltigkeit bedeutet für mich, mein eigenes Leben so zu gestalten, dass ein gutes und würdevolles Leben für alle Menschen möglich ist. Ich versuche etwa möglichst ökologisch zu konsumieren und nicht mehr zu fliegen. Gleichzeitig finde ich es problematisch, den Kampf gegen den Klimawandel auf eine Frage des Konsums zu reduzieren. Es wäre zielführender, zu thematisieren, inwiefern unser kapitalistisches Wirtschaftssystem einen wirklich nachhaltigen Lebensstil verunmöglicht, anstatt Individuen unter Druck zu setzen, ihr Leben nach ökologischen Gesichtspunkten zu optimieren (wobei sich viele Leute die "grüneren" Produkte ja schlichtweg nicht leisten können). Nachhaltigkeit bedeutet für mich darum auch ökologische und soziale Probleme zusammen anzugehen und politisch aktiv zu sein. Ich setze mich innerhalb der LobauBleibt Bewegung gegen die Stadtautobahn und für eine gerechte Verkehrswende ein.
Fabian Polz
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
Mit jeder Konsumentscheidung wählt man die Welt, in der man Leben möchte. Deswegen setze ich auf Ökostrom und eine Bank, die mein Geld nur für grüne und soziale Projekte verwendet. Natürlich liegt die Verantwortung nicht nur bei uns Endkonsument*innen, doch eine breite Masse kann Druck ausüben auf diejenigen, die einschneidende Entscheidungen treffen. Ich ernähre mich klimatarisch (d.h. regional, saisonal, vegan, wenig prozessierte Lebensmittel, keine tropischen Früchte wie z.B. Avocados; Hirse statt Quinoa, Leinsamen statt Chiasamen, Hafer- statt Mandelmilch, Preiselbeeren statt Cranberries, Rollgerste statt Reis, Zucker aus Zuckerrüben statt Zuckerrohr/Ahornsirup/Agavendicksaft,…) mittels Biokiste, kaufe Kleidung Second Hand, achte bei jedem Kauf auf Herkunft und Herstellungsbedingungen, benutze den Zug statt dem Auto, versuche mich selbst im Alltag weiterzubilden und auch Konversationen zu starten.

Kuessan Aziaba
Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?
Für mich bedeutet Nachhaltigkeit die Verantwortung einen langlebigen und effizienten Umgang mit den uns verfügbaren Ressourcen zu pflegen. Dabei sehe ich nicht nur die Art des Umgangs mit den Ressourcen selbst im Vordergrund, sondern den gesamten Prozess von der Gewinnung bis zum Abbau der Überreste nach dem Einsatz. Beispielsweise finde ich, dass die Bedingungen unter denen Rohstoffe abgebaut werden, ebenfalls in diesen Themenbereich fallen und dennoch viel zu selten Platz im öffentlichen Diskurs finden.
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
Nachdem ich in einer Stadt lebe, kann ich fast alle meine Wege mit dem Rad zurücklegen. Wenn es wirklich kalt ist und viel Schnee liegt, gehe ich eben auch mal zu Fuß. Generell versuche ich eher auch mal mit dem Zug/Bus zu fahren, anstatt zu fliegen. Ich habe mittlerweile seit etwa 3 Jahren Lebensmittel, welche wirklich lange Strecken zurücklegen müssen und Fleisch deutlich reduziert. Cravings habe ich aber schon ziemlich oft danach. Ansonsten halte ich einfach meinen Konsum relativ gering und kaufe mir die Dinge erst wenn ich sie wirklich brauche.

Monika Kalcsics (leitet im ORF die Ö1 Initiative "Reparatur der Zukunft - Das Casting neuer Ideen")
Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?
Ich möchte, dass Nachhaltigkeit das neue Normal wird. Also keine grüne Etikettierung mehr. Sozial und ökologisch sinnvoll zu leben, soll selbstverständlich sein.
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
Ich lebe die Vision der 15-Minuten-Stadt (ein Smart-City-Konzept). Innerhalb einer Viertelstunde erreiche ich von meiner Wohnung zu Fuß oder mit dem Fahrrad alles, was es zum Leben braucht – den Arbeitsplatz, Einkaufsmöglichkeiten, Schule, ÄrztInnen, Parks, Fitnessstudio und Kultur. Wenn ich die Stadtgrenze verlassen will, setze ich mich in den Zug. In Europa bin ich so terran wie möglich unterwegs. Ich mag Mode, also das Spiel mit Kleidung, aber um die Fast-Fashion-Industrie mache ich mittlerweile einen großen Bogen. Sie ist sozial und ökologisch zerstörerisch. Ich kaufe nur noch ausgewählte, langlebige Stücke ein, repariere viel, tausche und gehe in Second-Hand-Läden, die immer besser werden.

Naomi
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
Nicht verschwenderisch Leben, auf die Herkunft meiner Konsumgüter zu achten und bspw. als Markenbotschafterin eines der nachhaltigsten Unternehmen Österreichs zu arbeiten. Da weiß ich, dass ich täglich etwas sinnstiftendes und nachhaltig Gutes für uns und unsere Umwelt tue.
Was hat dich zum Umdenken bewegt?
Obwohl ich von Haus aus mit einem eher nachhaltigen Konsum groß wurde, brachte mich in Bezug auf Fast Fashion 2013 die Katastrophe um Rana Plaza zum aktiven Handeln. Seitdem nähe ich meine Kleidung selbst oder kaufe/tausche Second Hand. Und vor allem seit ich Mama bin, erstreckt sich das auch noch verstärkt auf so gut wie alles andere. Seit bald drei Jahren nutze ich Apps wie Codecheck beim täglichen Einkauf oder habe meine Schuhsammlung gegen wenige Barfußschuhe ausgetauscht und kaufe Bücher als E-Books oder gebraucht. Seit einiger Zeit nutze ich togoodtogo und beginne bald mit Foodsharing. In Wien gibt es wirklich viele Möglichkeiten, mit wenig Aufwand nachhaltiger zu leben.

Nina Kammerer
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
Ich habe große Wertschätzung für Handwerk und setze meine Prioritäten auf Lokalität und kleine Handwerksunternehmen, wenn es um Kaufentscheidungen geht. Wir setzen unsere Prioritäten meist falsch und sparen da, wo es anderen Menschen wehtut - nämlich an deren Gehalt. Mein Magazin ´TERRIBLE Magazine´ soll ethische Alternativen aufzeigen.
Was hat dich zum Umdenken bewegt?
Selbst Kleidung anzufertigen hat mir aufgezeigt, wie viel Arbeit dies bedeutet und dass die Preise der Fast Fashion Ketten in Relation nicht passen. Ich kann auch Dokumentationen wie ´The true cost´ Jedem ans Herz legen für einen kleinen Reality-check.

Sade Nimea (Sozialökologie, Kunst, Tuina An Mo)
Wie setzt du Nachhaltigkeit/Klimabewusstsein in deinem Leben um?
In den meisten Fällen kaufe ich bei Einzelproduzent*innen und regional statt online ein. Außerdem mag ich Second Hand und Fair Fashion sehr gerne. Innerhalb Europas reise ich mit Bus, Bahn und Fahrgemeinschaften. Generell bemühe ich mich weniger zu konsumieren und wenn, dann achte ich auf qualitativ hochwertige und langanhaltende Konsumgüter.
Wo auch immer es geht, versuche ich ein Bewusstsein für das umfassende Wissen indigener und naturnaher Gesellschaften schaffen, die seit Jahrhunderten im Einklang mit Natur leben. Kapitalistische, (post-)koloniale Strukturen des Westes als Quelle globaler, sozial-ökologischer Probleme müssen enden! Ich glaube daran, dass eine andere Welt möglich ist.
Was hat dich zum Umdenken bewegt?
Begegnungen mit Menschen naturnaher Lebensweisen in Lateinamerika und Westafrika aber auch Österreich & Tschechien; Filme wie zum Beispiel “The True Cost” & “Bauer unser”; Frauen wie Wangari Maathai & Vandana Shiva; der Verein FNL, sowie meine Studiengänge Wirtschaft und Sozialökologie und meine Ausbildung in der Tuina An Mo haben mein Umdenken beeinflusst.

Noemi-Marie
Wie setzt du Nachhaltigkeit in deinem Leben um?
Ein für mich sehr wichtiger Aspekt zum Thema Nachhaltigkeit ist die Ernährung. Ich meide Milch- und Fleischprodukte, kaufe pflanzenbasiertes Essen und so gut es geht auch saisonal und regional. Ich möchte den neuen Generationen unseren Planeten besser überlassen als ich ihn bekommen habe, darum stelle ich mir in meinem Alltag oft die Frage ob meine Handlungen auch zukünftig der Umwelt dienen.
Was hat dich zum Umdenken bewegt?
Bei der Ernährung was es vor allem das Tierleid. Innerlich hatte ich immer ein schlechtes Gewissen und wusste, dass es eigentlich nicht den Werten entspricht, nach denen ich leben möchte.
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