Bianca Brissaud, Schulleiterin im deutschen Horb-Altheim, richtete sich in einem Brief an die Eltern: "In letzter Zeit müssen wir gehäuft feststellen, dass Mädchen der Werkrealschule sehr aufreizend gekleidet sind". Das Kollegium habe sich deshalb entschlossen, "dass wir an unserer Schule keine aufreizende Kleidung dulden wollen".
Mit übergroßen T-Shirts gegen nackte Haut
Bauchfreie Oberteile oder Hotpants sind für viele Schülerinnen an heißen Tagen zur Alltagskleidung geworden, in der deutschen Schule wird das nun verboten: "Wer zu aufreizend gekleidet ist, der bekommt von der Schule ein großes T-Shirt gestellt, das er/sie sich bis zum Schultagsende anziehen muss."
Es gehe dabei, so die Schulleiterin Bianca Brissaud, „nicht um die Unterdrückung der Individualität Ihres Kindes“. Vielmehr wolle sie „damit ein kleines Stück zu einem gesunden Schulklima beitragen, in dem sich alle wohlfühlen und in dem gesellschaftliche und soziale Werte gelebt und gefördert werden“. Sie sei von Lehrerinnen und Lehrern darum gebeten worden, „dringend“ etwas zu tun, sagte die Schulleiterin dem Schwarzwälder Boten.
Die Schulleiterin erklärt die harte Maßnahme damit, dass auf der Werkrealschule die Schüler im besonderen Maß auf die Berufswelt vorbereitet würden. Für das kommende Schuljahr würde man gemeinsam mit Eltern- und Schülervertretern an einer Lösung für das Kleidungsproblem arbeiten, das aktuelle Verbot sei eine erste akute Maßnahme.
Auch an anderen deutschen Schulen ist zu legere Kleidung ein Dorn im Auge. Die Friedrich-Voith-Schule in Heidenheim hält T-Shirts mit Schullogo für "freizügig" gekleidete Schüler bereit. Am Deutschhaus-Gymnasium in Würzburg sind bauchfreie Tops, Hotpants und - für Jungen - ärmellose Shirts verboten. Auch am Heidehof-Gymnasium in Stuttgart müssen sich Schüler bei Verstoß gegen die Bekleidungsvorschriften in übergroße schwarze T-Shirts hüllen.
Die Diskussion um "angemessene Kleidung" an Schulen ist nicht neu: Anfang April 2015 wurde ein Mädchen in Kalifornien nach Hause geschickt, weil sie Leggings und ein T-Shirt trug, in Kanada musste eine Schülerin den Unterricht verlassen, weil sie ein Crop Top trug, das ihren Bauchnabel sehen ließ.
Aufschrei im Internet gegen #hotpantsverbot
Im Internet sorgte die zwangsweise Verhüllung von zu viel gezeigter Haut für Aufruhr. Unter dem Hashtag #hotpantsverbot meldete sich unter anderem Anne Wizorek zu Wort, die 2013 mit #aufschrei sexistische Alltagserfahrungen öffentlich gemacht hatte.
#hotpantsverbot zielt bei durchschnittlichen 30° allein auf mädchenkleidung ab. so viel zu gesellschaftlichen werten… pic.twitter.com/FyniQ4WRdp
— anne wizorek (@marthadear) 6. Juli 2015
Ihre Kritik: Trotz der neutralen Formulierungen im Elternbrief der Schule in Horb-Altheim ziele das Verbot vorrangig auf Mädchen ab. Dieser Meinung sind auch andere Twitter-Nutzer:
Anstatt ein Kleidungsstück zu verbieten, sollten Eltern ihren Jungs beibringen, dass der weibliche Körper kein Sexobjekt ist.#hotpantsverbot
— Effy (@autoaggression) 6. Juli 2015
Andere User ärgern sich über das sogenannte "Victim Blaming", also darüber, dass die Schülerinnen mit ihrer Kleidung erst Opfer sexistischer Blicke werden und dann auch noch für eventuelle Folgen verantwortlich gemacht werden.
wusste noch gar nicht, dass #victimblaming auf dem lehrplan steht? #hotpantsverbot
— Jenny Jenn (@_jenny_jenn_) 6. Juli 2015
Ich möchte in einer Gesellschaft leben in der #victimblaming kein Wert ist, der "gefördert" wird. #hotpantsverbot
— Yvonne Everhartz (@YvonneEverhartz) 6. Juli 2015
Auch YouTube-Bloggerin lacigreen behandelt das Thema in einem ihrer Videos: