Die Serie an Frauenmorden scheint nicht abzureißen. Es ist bereits der siebte Frauenmord seit Weihnachten und der fünfte seit Jahresanfang.
Nachdem seit Anfang Januar bereits vier Frauen ihr Leben lassen mussten, ist nun eine fünfte Frau im niederösterreichischen Tulln tot aufgewunden worden. Ein Messerstich im Halsbereich dürfte laut Polizeibericht die Ursache für den Tod der 32-Jährigen gewesen sein. Verdächtigt wird ihr 36-jähriger Ehemann - es handelt sich somit erneut um einen männlichen Täter aus dem nächsten Umfeld des Opfers.
Bereits seit einigen Wochen wird über die anhaltenden Meldungen von Frauenmorden in Österreich diskutiert. Sieben Frauen sind allein seit Weihnachten Opfer von tödlichen Attacken gewesen - die Täter stammten fast immer aus dem engsten Familienkreis der Frauen (WIENERIN hat berichtet).
"Dringender Handlungsbedarf" ignoriert?
Frauenschutzorganisationen hatten auf den "dringenden Handlungsbedarf" schon seit Monaten hingewiesen und mehr Handeln von der Politik gefordert - stattdessen passierte das Gegenteil. Im Frauenministerium wurde gekürzt, in Frauenhäusern zwar leicht an Plätzen aufgestockt - allerdings viel weniger, als man gebraucht hätte. Immer wieder sprach Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) vom wichtigen Stellenwert, den Frauenschutz in ihrem Ministerium einnehme - als es allerdings um konkrete Maßnahmen und mehr Geld ging, blieben am Ende nichts als leere Versprechungen (mehr hier): Frauenschutzvereinen wurden die Förderung gekürzt oder entzogen. Koalitionspartner und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) suchte die Schuld erneut bei den "Ausländern" und schaffte die "MARAC-Fallkonferenzen", die eine bessere Vernetzung zwischen Polizei und anderen Stellen zum Gewaltschutz ermöglichten, im Vorjahr (unter heftigem Protest von ExpertInnen) ab.
Dabei zeigen aktuelle Zahlen deutlich, dass Frauen vor allem in den eigenen vier Wänden am meisten von Gewalt bedroht sind: Von Jänner bis November 2018 standen mehr als drei Viertel der Mordopfer in einem Verwandtschafts- oder Bekanntschaftsverhältnis zum Täter. Die Frauenmorde der letzten Tage dürften eine traurige Bestätigung dieser Zahlen sein.
Nach den Morden kündigte Kickl nun die Einführung einer "Screening-Gruppe", einer Taskforce aus ExpertInnen an, um den Frauenmorden auf den Grund zu gehen. "Hätte Kickl MARAC nicht eingespart, müsste er jetzt nicht eine neue Kommission einrichten", kritisierte die SPÖ aus der Opposition prompt.
"Importiertes Gedankengut" schuld an Frauenmorden?
Frauenministerin Bogner-Strauß reagierte letzte Woche ebenfalls auf die Mordserie - sie will eine "neue" Frauen-Help-Hotline einführen. Neuer Benefit: Sie soll dreistellig sein und dadurch besser zu merken als die aktuelle mit zehn Stellen. Partei-Kollegin Karoline Edtstadler, Staatssekretärin im Innenministerium, erklärte anschließend am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum", der Grund für die Morde an Frauen seien nicht etwa patriarchale Einstellungen oder Versäumnisse im Gewaltschutz, sondern importiertes Gedankengut, das Nachahmungstäter in Österreich nun zu solch abscheulichen Taten animiere (siehe Video). Eine Aussage, die Moderatorin Claudia Reiterer mit der Verständnisfrage erwiderte: "Meinen Sie das ernst, dass ein Österreicher eine Frau ermordet, weil Flüchtlinge hier sind?" (treffend zusammengefasst auf derstandard.at).
„Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass wir mit den Migrationsströmen 2015/2016 Wertehaltungen importiert haben, die mit unseren nicht vereinbar sind.“ - Staatssekretärin @k_edtstadler (ÖVP) #imzentrum zum Thema "Gewalt gegen Frauen". pic.twitter.com/9j4qMTuCvf
— IM ZENTRUM (@ORFImZentrum) January 21, 2019
In den sozialen Medien wächst indes die Betroffenheit und Ohnmacht ob der vielen Frauenmorde, "es nimmt kein Ende" ist unter der neuesten Nachrichtenmeldung über den Tod der 32-Jährigen immer wieder zu lesen.
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Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, ist entsetzt über die derzeitige Debatte.