„Willkommen, Flüchtlinge! So nah am Ziel…“ steht neben dem toten Kind am Ufer. Im Hintergrund ist ein McDonald’s-Plakat zu sehen, das zwei Kindermenüs zum Preis von einem bewirbt. Neben einer weiteren Zeichnung im Heft, auf der ebenfalls der tote Junge zu sehen ist, steht: „Der Beweis, dass Europa christlich ist: Christen gehen über das Wasser; muslimische Kinder gehen unter.“
Das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" testet wieder einmal Grenzen aus - diesmal mit Karikaturen eines toten Kindes. Beide Zeichnungen stammen vom Karikaturisten Laurent "Riss" Sourisseau, dem beim Anschlag auf die Redaktion im Januar 2015 in die Schulter geschossen wurde.
Wenig überraschend melden sich jetzt viele Kritiker zu Wort, die meinen, dass die Zeichnungen pietät- und geschmacklos sind:
French magazine Charlie Hebdo slams anti-immigration policies of West. (Powerful but visually tasteless, as usual) pic.twitter.com/nAyG9EosXL
— Negar نگار (@NegarMortazavi) 15. September 2015
Das ist keine Satire, das ist geschmacklos. #CharlieHebdo
— ✰ Daniel Kosbab ✰ (@dako1205) 15. September 2015
Was #CharlieHebdo ist doch scheisse? WER HÄTTE DAS AHNEN KÖNNEN? Ach Moment, das wurde euch ja gesagt und ihr wolltet nicht
— ☭Fressevertreter☭ (@Bediko) 15. September 2015
Was darf Satire?
Andere wiederum denken, dass die Satiriker Recht haben und mit ihren Zeichnungen längst überfällige Gesellschaftskritik üben:
Geschmacklos? Ja. Aber #CharlieHebdo geißelt nicht tote Kinder, sondern die falschen Versprechen der westlichen Überflussgesellschaft.
— Imre Grimm (@ImreGrimm) 15. September 2015
#CharlieHebdo ätzt nicht gegen Toten, sondern gegen fette Überflussgesellschaft, die wegschaut und Tote in Kauf nimmt. Erst lesen!
— Petra van Cronenburg (@buchfieber) 15. September 2015
Satire macht sich nicht lustig. Sie ist kein Sarkasmus. Satire macht, was sich nur wenige trauen. Sie verurteilt öffentlich. #CharlieHebdo
— Timø (@Timotion) 15. September 2015
Das Titelblatt von #CharlieHebdo mag verstören. Aber es verhöhnt doch nicht den Jungen, sondern kritisiert d. Flüchtlingspolitik d. Westens.
— Edi Kirselerz (@DieserZirkel) 15. September 2015
Charlie Hebdo: hohe Auflage, wenige Zeichner
In der Zwischenzeit mangelt es dem Magazin nach wie vor an Personal – seit dem Anschlag im Jänner fehlen gute Zeichner, sagte Chefredakteur Gérard Biard der Deutschen Presse-Agentur. Am Donnerstag bekommt die Zeitschrift in Potsdam den M100 Media Award ausgezeichnet, der das Recht der freien Meinungsäußerung würdigt.
Die Zahl der Abonnenten ist mit 180.000 sehr hoch – vor dem Attentat wurden 60.000 Hefte gedruckt. 8 Millionen Exemplare betrug die Auflage der ersten Ausgabe nach dem Attentat.