
Schuler Koeseling Schlachtfeld Elternabend
Nicht ganz frei von Klischees, aber genau deshalb mit einem großen Augenzwinkern, typisieren die Herausgeberinnen die Teilnehmer der titelgebenden Abendveranstaltung - einen Auszug lesen Sie auf den folgenden Seiten.
Bettina Schuler und Anja Koeseling (Hrsg.): "Schlachtfeld Elternabend. Der unzensierte Frontbericht von Lehrern und Eltern", Eden Books, 320 Seiten, ca. € 10,30
Im Buchhandel und als e-Book.

Vorstadteltern
1. Die Vorstadteltern
Diese Form der Eltern stellt die normalste Art dar. Der Vater ist meist mittlerer Angestellter in einem Unternehmen oder im öffentlichen Dienst tätig. Er geht einer "geordneten" Tätigkeit nach und trägt im Beruf Verantwortung, aber nicht übermäßig viel. Am Wochenende wird der Rasen gepflegt, in den Ferien fliegt die Familie in den Pauschalurlaub.Die Frau geht in ihrer Rolle als Mutter und Ehefrau auf. Sie betreut die Kinder bei den Hausaufgaben, bringt den Sohn zum Fußball, die Tochter zum Ballett. Der Alltag ist hervorragend organisiert, ihre eigenen Interessen stellt sie zurück. Stets hält die Mutter den Kontakt zur Schule, steht als Hilfskraft für den Kuchenbasar und bei Klassenfahrten als Begleitung jederzeit bereit.
Zum Elternabend gehen die Eltern gemeinsam. Der Lehrer wird mit jener Autorität behandelt, die sie selbst als Kinder erlebten.
In der Lehrerschaft sind derartige Eltern sehr beliebt, denn sie fallen nicht durch unangenehmes Verhalten auf, beklagen sich nie und sind nicht aufmüpfig.

Helikopter-Eltern
2. Helikopter-Eltern
Beide Elternteile gehen einem gehobenen Beruf nach, in dem sie eine hohe Verantwortung tragen. Sie sind es gewohnt, ihre Untergebenen zu überwachen, was sie zu Hause bei ihren Kindern auch nicht lassen können.
Was die Entwicklung ihrer Sprösslinge betrifft, haben sie klare Ziele.
Die beste Schule ist für ihre Kinder gerade gut genug, wobei die Kriterien für GUT äußerst anspruchsvoll sind. Ihre Kinder sind Überflieger.
Aus diesem Grund wird auch für eine gut strukturierte Freizeitgestaltung gesorgt. Zum Leidwesen ihrer Kinder kontrollieren die Eltern nicht nur ihre schulischen Aktivitäten, sie mischen sich überall ein. Eine Drei in der Mathearbeit ist für sie genauso schlimm, wie beim sonntäglichen Fußballspiel auf der Auswechselbank zu sitzen. Eins ist für sie klar: Der Trainer wie auch der Lehrer in der Schule würdigen die überragenden Talente ihrer Kinder nicht ausreichend.
Für den Lehrer ist es besonders unangenehm, dass sie einen intensiven Kontakt zum Direktor pflegen.

Althippies
3. Die Althippies
Vater und Mutter haben sich in einem Ashram in Goa kennengelernt. Sie pflegen einen alternativen Lebensstil.
Ihre Kinder erziehen sie frühzeitig zur Selbstständigkeit.
Beim Frühstück werden die Kinder nicht von ihren Eltern genervt, denn diese schlafen noch. Den Schulweg kennen die Kinder früh genug. Das Essen stammt mit Sicherheit aus dem Bioladen.
Da die Eltern sämtliche Autoritäten, Lehrer inklusive, ablehnen. fallen sie auf Elternabenden nicht auf, denn sie erscheinen dort nie.

Die Alleinerziehende
4. Die Alleinerziehende
Diese Einzelkämpferin ist eine ausgesprochene Löwenmutter. Von dem Vater hat sie sich früh getrennt. Sie managt ihr Leben mit Bravour und bringt Beruf, Haushalt und Kindererziehung unter einen Hut, was häufig nicht sehr einfach ist.
Daher konzentriert sie sich auf die relevanten Themen des Lebens. Auf Elternversammlungen ist sie diejenige, die die wichtigen Fragen stellt. Manchmal schafft sie es sogar, den Lehrer auf Schulveranstaltungen zu unterstützen. Wird ihr Kind allerdings ihrer Meinung nach ungerecht behandelt, kommt ihr Charakter als Übermutter voll zur Geltung.

Chantal-Eltern
5. Die Chantal-Eltern
Den Großteil ihres Alltags verbringen sie vor dem Fernseher, ihre Kinder kennen alle Sendungen nach 22 Uhr.
Der Schultag interessiert sie genauso wenig wie der Besuch einer Bibliothek oder eines klassischen Konzertes. Von der Schule erwarten diese Eltern, dass sie ihnen die schwierige Erziehungsarbeit abnimmt.
Den Elternabend betrachten sie als überflüssig. Zeitlich fällt er ohnehin auf die Hauptsendezeiten der spannendsten Shows.

Lehrer-Eltern
6. Die Lehrer-Eltern
Diese Eltern verfügen natürlich über eine fundierte Ausbildung auf pädagogischem Gebiet. Probleme machen in ihren Augen immer nur fremde Kinder, nie die eigenen.
Der größte Albtraum, den Schulkinder erleben können, ist es, an der gleichen Schule zu lernen, an der ihre Eltern arbeiten. Diese armen Kinder sind doppelt gestraft. Einerseits werden sie von den Mitschülern gemobbt, andererseits erfahren die Eltern von ihren Kollegen jede noch so kleine Entgleisung, die ihnen als Schüler unterläuft.
Auf Elternabenden halten sich die Lehrer-Eltern zurück, da sie mit ihren Kollegen bereits alle Fragen im Tagesgeschäft besprochen haben.